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Fürsten Mitinhaber der Reichsgewalt sind. Gemäss dem oben
angeführten staatsrechtlichen Grundsatz können sie also der Ge-
walt der Gerichte des Reiches nicht unterworfen sein.
Zwar hat Joun (Commentar zur Str.-P.-O. Band 2, S. 16) im
Anschluss an MeJer (Einleitung in das deutsche Staatsrecht
2. Aufl. 1884, S. 27) das Gegentheil behauptet. In dem Verhält-
niss zu Kaiser und Reich seien die Landesherren dem Strafgesetze
unterworfene Unterthanen; für die Fälle des G.-V.-G. 8 136 No.1
seien sie daher dem Reichsgericht unterworfen. Allein der staats-
rechtliche Ausgangspunkt ist sicher unrichtig (vgl. LABAND, Staats-
recht 2. Aufl., Band 1, S. 86fl.; Zorn, Das Staatsrecht des Deut-
schen Reiches Band 1, S. 61ff.) und ebenso ist es — wie gleich
des näheren darzulegen sein wird — die Auffassung von der Be-
deutung des G.-V.-G.8 136 No.1.
Die Organisation der Strafrechtspflege bewirkt nun aber, dass
die deutschen Souveräne nicht nur von der Gewalt des Reichs-
gerichts, sondern von der Gewalt der Gerichte aller Bundesstaaten
eximirt sind.
Die Regenten stehen den Souveränen vollkommen gleich.
III. Die Mitglieder der landesherrlichen Familien und der
Fürstlichen Familie Hohenzollern sind der Gerichtsgewalt aller
deutschen Gerichte einschliesslich des Reichsgerichtes insoweit ent-
zogen, als dies durch die Landesgesetze oder Hausverfassungen
vorgeschrieben ist; E. G.-V.-G. 85 und E. St.-P.-O. 84. Sofern
landesgesetzlich ein besonderer Gerichtshof für die Aburtheilung
dieser Personen niedergesetzt ist, sind sie allein und ausschliess-
lich der Gerichtsgewalt desselben unterworfen.
Die fraglichen Personen sind also materiellrechtlich über-
haupt nicht eximirt und processualisch nur eventuell — unter der
Voraussetzung nämlich, dass die Hausverfassungen oder Landes-
gesetze dies anordnen.
Streit herrscht nun aber über den Umfang der Exemtion bei
dem Vorhandensein derartiger Vorschriften. In den Motiven zum