Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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Es würde aber überhaupt verfehlt sein, dem Umstand ent- 
scheidende Bedeutung beizumessen, gegen welches Object das 
Verbrechen sich richtet. Jedes Verbrechen verletzt nicht nur 
den zunächst und unmittelbar Betroffenen, sondern die öffentliche 
Rechtsordnung. Diese aber ist Sache des Reiches und insofern 
berührt jedes Verbrechen die Interessen des Reiches. 
Wenn daher das Reich auch die Strafrechtspflege zum grössten 
Theil den Einzelstaaten überlassen hat, so durfte es sich doch 
nicht jeder Einwirkung auf diese begeben. Dies hat es denn 
auch keineswegs gethan,; vielmehr steht ihm die Aufsicht über 
jene zu, wodurch es überhaupt erst ermöglicht wurde, die Rege- 
lung so, wie eben dargelegt, vorzunehmen. 
Vermöge dieses Aufsichtsrechtes könnte das Reich insbeson- 
dere die Thätigkeit der Staatsanwaltschaften in den Einzelstaaten 
seiner Controle unterwerfen. Es ist bekannt, dass in einem Fall 
sich der Bundesrath allerdings zu directem Einschreiten veran- 
lasst gesehen hat. Es handelte sich damals um die Strafbarkeit 
polizeilich concessionirter Bordelle. Der Hamburger Staatsanwalt 
und Oberstaatsanwalt hatten die Klageerhebung abgelehnt und 
der Hamburger Senat die hierauf erhobene Beschwerde zurück- 
gewiesen. Hierauf wurde Beschwerde beim Bundesrath eingelegt 
Denn da sich das Reich aus den Bundesstaaten zusammensetzt, so richtet sich 
der gegen den Theil gerichtete Angriff implicite auch stets gegen das Ganze. 
Wie erheblich aber thatsächlich das Reich durch den gegen den Bundes- 
staat gerichteten Angriff berührt wird, kommt ganz auf die Gestaltung des 
Einzelfalls an. Wenn es z. B. unternommen würde, die monarchische Staats- 
form in allen deutschen Staaten, in welchen sie besteht, mit Ausnahme von 
Preussen, zu beseitigen, oder die Staaten südlich des Mains zu einem Staat 
zu vereinigen; oder wenn von Preussen alle Gebietstheile abgerissen werden 
sollten, die es seit dem Grossen Kurfürsten erworben hat, so wären das Vor- 
gänge von der allergrössten Bedeutung für das Reich. — Die Vorschriften 
des R.-G.-B.’s sind hier überall ganz correct. Die alternative Erwähnung 
des Reichs und der Bundesstaaten ermöglicht eine Verurtheilung in jedem 
Fall. In dem G.-V.-G. $ 136, No. 1 wird aber dem Gegensatz eine Schärfe 
verliehen, welche er in Wahrheit gar nicht hat.
	        
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