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heitliche Regelung des Militärstrafverfahrens ist in Aussicht ge-
nommen durch das Reichsmilitärgesetz vom 2. Mai 1874 8 39.
Nach E. G.-V.-G. 8 7 wird die Militärgerichtsbarkeit durch
das G.-V.-G. nicht berührt. Für den grössten Theil des Reiches
sind daher die Vorschriften der Preussischen Militärstrafgerichts-
Ordnung vom 3. April 1845 noch heute massgebend.
Hier wird nun der Umfang der Militärgerichtsbarkeit dahin
bestimmt, dass ihr unterstehen: 1) sämmtliche zum Soldatenstand
gehörenden Personen ohne Unterschied; 2) die Beamten der
Militärverwaltung; 3) alle mit Inactivitätsgehalt entlassenen, alle
zur Disposition gestellten und alle mit Pension verabschiedeten
Öfficiere; 4) die Militärlehrer und Zöglinge der militärischen
Bildungsanstalten (8$ 1).
Die Militärgerichtsbarkeit umfasst die Strafsachen, mit Aus-
nahme der ausschliesslich mit Geldstrafe bedrohten Uebertretungen
der Finanz- und Polizeigesetze, sowie der Jagd- und Fischerei-
Verordnungen.
Die zum Beurlaubtenstande gehörenden Personen des Sol-
datenstandes sind den Civilgerichten unterworfen, doch sind hier-
von eine Reihe von Ausnahmen statuirt, so auch ($ 6 No. 5) die
Herausforderungen und Zweikämpfe der Reserve- und Landwehr-
Officiere.
Auffallender Weise ist übrigens die Abgrenzung zwischen
Militär- und Civilgerichtsbarkeit nicht scharf und ein für alle Mal
bindend erfolgt; sondern für eine Reihe von Fällen wird bestimmt,
es stehe den Militärgerichten frei, die Untersuchung und Bestra-
fung den Civilbehörden zu überlassen ($4 Abs. 2, 8 8). Insoweit
würden die Militärpersonen also von der Civilgerichtsbarkeit nicht
eximirt sein. —
Für die Marine gilt ebenfalls die soeben besprochene Militär-
strafgerichts-Ordnung vom 3. April 1845. Mit dieser Geltung
hat es indessen eine eigenthümliche Bewandtniss. Da bekanntlich
die Preussische Marine im Jahr 1845 noch nicht existirte, sondern
Archiv für öffentliches Recht. V. 3. 95