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mit geringern Alimentis nach Zeit und Umständen ihres Vaters
und Vettern zufrieden sein“ !*).
Nun heirathete der Graf Ludwig Heinrich von Lippe-Biester-
feld im Widerspruche mit dem eben erwähnten brüderlichen Ver-
gleiche von 1749 eine gewisse Elisabeth Christine Kellnerin.
Diese Ehe wurde durch kaiserliches Reichshofrathsreskript vom
19. October 1786) auf Antrag der Agnaten für eine notorische
Missheirath im Sinne des Art. 22 8 4 der Wahlcapitulation er-
klärt, der Frau und der Descendenz aus dieser Ehe Geschlechts-
name und Wappen, jegliches Successionsrecht und sonstiger den
Mitgliedern des Hauses zustehende Anspruch abgesprochen.
Zwischen dem Grafen Ludwig Heinrich und seinen Agnaten kam
dann am 11. Mai 1787 ein Vergleich zu Stande !C). In demselben
verzichtete ersterer für seine Nachkommenschaft aus dieser un-
ebenbürtigen Ehe auf alle Lippe’schen Geschlechtsvorzüge und
Würden, sowie auf alle hausgesetzlichen Vortheile und Successions-
rechte und erhielt für dieselbe als Entschädigung eine vererbliche
Alimentation von 1200 Thlrn., „jedoch nicht als apanagium, son-
dern als Aliment und Pension“. Die Nachkommen aus dieser
Ehe wurden 1792 von dem Reichsvikar Karl Theodor unter dem
Namen „von Falkenflucht“ in den reichsgräflichen Stand erhoben.
Aus diesen Präcedensfällen lässt sich soviel als unzweifel-
hafte Hausobservanz feststellen, dass in Uebereinstimmung mit dem
gemeinen Privatfürstenrechte die Ehe eines Mitgliedes des Hauses
mit einer bürgerlichen Person eine unstreitige Missheirath ist und
die Successionsunfähigkeit der Descendenz zur Folge hat. Ebenso
wie nach gemeinem Privatfürstenrechte sind aber auch nach der
Lippe’schen Hausverfassung damit diejenigen Fälle erschöpft, in
denen das Vorhandensein einer Missheirath nicht bestritten wird.
14) Mitgetheilt bei H. ScuuLze, Aus der Praxis des Staats- und Privat-
rechts S. 235.
15) Abgedruckt bei H. Scuurze, Hausgesetze Bd. 2, S. 178.
18) Abgedruckt, a. a. O. S. 179 £i.
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