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nach der Hausobservanz erforderliche Stufe des Adels zu einer
vollgiltigen werden.
Nun sind aber verschiedene Mitglieder der erbherrlichen
Linien Biesterfeld und Weissenfeld Ehen mit Personen von ge-
wöhnlichem niederen Adel eingegangen. Daraus folgt, dass die
aus diesen unebenbürtigen Ehen erwachsene Descendenz keinerlei
Successionsrecht auf das Fürstenthum Lippe hat. Vielmehr geht
die Nachfolge über auf die nächsten Linien, in denen Missheirathen
nicht vorgekommen sind und eventuell von der Descendenz
Simon’s VII. auf diejenige Philipp’s II., das jetzige fürstliche
Haus Schaumburg-Lippe.
Hieran wurde nur in dem Falle etwas geändert, wenn, wie
man behauptet hat, die in den erbherrlichen Linien vorge-
kommenen Missheirathen durch den agnatischen Consens zu voll-
giltigen gemacht wären ?®). Dieser Consens könnte stillschweigend
oder ausdrücklich ertheilt sein. Es sind demnach die einzelnen
Thatsachen zu prüfen, welche für einen solchen Consens sprechen.
In dem Lippe’schen Hauptvergleiche vom 22./24. Mai 1762
zwischen der regierenden Linie zu Detmold und den erbherrlichen
Linien Lippe-Biesterfeld und Weissenfeld?!), durch den die letz-
teren auf ihre in Lippe belegenen Immobiliarbesitzungen und
Paragien gegen eine feste Geldrente verzichten, wird das Succes-
sionsrecht der erbherrlichen Linien nach Aussterben der Haupt-
linie ausdrücklich als fortbestehend anerkannt. Dieser Vergleich
ist jedoch abgeschlossen worden mit den Stiftern der beiden erb-
herrlichen Linien zu einer Zeit, als die von diesen selbst auf-
gestellten Grundsätze über Missheirathen noch von keinem Mit-
gliede des Hauses verletzt waren. Es lag also damals noch gar
keine Veranlassung vor, das Successionsrecht irgendwie zu be-
streiten. Als selbstverständlich musste dabei vorausgesetzt werden,
dass die Descendenz der damaligen Paciscenten aus hausgesetzlich
2°) H. Schutze, Aus der Praxis des Staats- und Privatrechts S. 237.
21) Abgedruckt bei H. Scuuze, Hausgesetze Bd, 2, S. 173 ff.