Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

— 402 — 
executive Zwang zur Befolgung gewisser verwaltungsrechtlicher 
Vorschriften. Statt ein allgemeines Gebot oder Verbot bei Ver- 
meidung einer Executivstrafe auszusprechen, bedroht der (zesetz- 
geber die Handlungen und Unterlassungen, deren Gegentheil er 
erzwingen will, mit Strafe Die innere Verschiedenheit dieser 
verwaltungsrechtlichen Normen, bei denen die Strafe obrigkeit- 
liches Zwangsmittel ist, von den wahren Strafrechtsnormen, bei 
denen sie eine Sühne für den Bruch der Rechtsordnung bildet, 
erscheint unverkennbar. Selbst der Laie wird schwerlich die 
Strafe für unterlassene Anmeldung eines Todesfalles und die 
Strafe für Entwendung von Lebensmitteln zum sofortigen Genusse 
trotz der Gleichheit des Strafmasses für ihrer inneren Natur nach 
gleichartig halten. Die Einkleidung beider Kategorien von Ge- 
boten und Verboten in die gleiche Form der Strafrechtsnormen 
hat aber zur Folge und geschieht gerade um desswillen, dass in 
beiden Fällen eine Rechtsprechung der ordentlichen Strafgerichte 
über die strafbare Handlung und damit bei den verwaltungsrecht- 
lichen Verboten eine Rechtscontrolle der Verwaltung durch die 
ordentlichen Strafgerichte ermöglicht wird. Da diese Strafgerichts- 
barkeit in höchster Instanz dem Kammergerichte übertragen ist, 
übt dieses eine ausgedehnte Verwaltungsgerichtsbarkeit in den 
Formen des gewöhnlichen Strafverfahrens aus. 
Die Besprechung dieser verwaltungsrechtlichen Judicatur des 
Kammergerichtes soll der Gegenstand der folgenden Ausführungen 
sein. Die Natur des Gegenstandes bringt es dabei mit sich, dass 
von einer systematischen Disposition nicht die Rede sein kann. 
Es muss genügen, die Entscheidungen nach Hauptgesichtspunkten 
zu gruppiren und kritisch zu beleuchten. 
I. Von allgemeiner Bedeutung für sämmtliche verwaltungsrecht- 
lichen Strafrechtsnormen erscheint die Frage, inwiefern zur Fest- 
stellung des Thatbestandes ihrer Uebertretung der Nachweis des 
Vorsatzes oder des Verschuldens erforderlich ist. Das Kammer- 
gericht hat diese Frage zwar nur für die eigentlichen Polizei- 
übertretungen, d. h. für die Uebertretung von Polizeiverordnungen 
beantwortet'!), seiner Entscheidung muss jedoch eine allgemeinere 
1) Entsch. v. 10. Jan. 1881 — JoHow u. KüntzeL, Jahrbuch Bd. 2, S. 254.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.