Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

— 43 — 
dem Str.-G.-B. Nie kann endlich auch die Strafe absolut an- 
drohen. 
In Uebereinstimmung hiermit befindet sich auch die Judicatur 
des Kammergerichtes in der Entscheidung vom 7.November 1887 !2). 
Es wird dort ausserdem zutreffend hervorgehoben, dass, selbst 
wenn der Vorderrichter die Androhung einer höheren Mindest- 
strafe für gesetzwidrig erachtet haben sollte, dadurch doch die 
Rechtsgiltigkeit der Polizeiverordnung nicht berührt werde. Es 
wäre dann einfach nach dem Grundsatze: „Utile per inutile non 
vitiatur* innerhalb der vom Richter für gesetzmässig erachteten 
Schranken die Strafe festzusetzen gewesen. Hiernach wird nament- 
lich zu verfahren sein, wenn eine Polizeiverordnung eine über das 
gesetzliche Maximum hinausgehende Strafe androht. 
V. Das Polizeiverordnungsrecht erstreckt sich präsumtiv aller- 
dings über alle polizeilichen Gegenstände. Die Gesetzgebung kann 
jedoch die Normirung einzelner Gegenstände unmittelbar über- 
nehmen oder den Erlass der etwa erforderlichen Verordnungen 
anderen Organen als den Polizeibehörden übertragen. Da keine 
Verordnung mit einem Gesetze im Widerspruche stehen darf, so 
ist durch die gesetzliche Normirung die polizeiliche Regelung des- 
selben Gegenstandes ausgeschlossen. Selbstverständlich erscheint 
dies in den Fällen, in denen wie in $ 1 des Pressgesetzes vom 
1. Mai 1874 nur die im Gesetze vorgeschriebenen oder zugelas- 
senen Freiheitsbeschränkungen als zu Recht bestehend anerkannt 
werden. Aber auch ohne eine solche ausdrückliche Bestimmung 
ergiebt sich aus der Thatsache, dass das Gesetz einen Gegenstand 
normirt, die Unzulässigkeit einer Ergänzung des Gesetzes durch 
Polizeiverordnung. Denn in der Festsetzung gesetzlicher Beschrän- 
kungen der individuellen Freiheit liegt gleichzeitig der gesetz- 
geberische Wille ausgesprochen, dass andere Beschränkungen unzu- 
lässig sein sollen. Für das Vereins- und Versammlungsrecht ergiebt 
sich die Unstatthaftigkeit der Auferlegung von Beschränkungen 
im Verordnungswege insbesondere noch aus Art. 30 Abs. 2 der 
Verfassungsurkunde, wonach die Ausübung des verfassungsmässig 
12) Jouow und KüntzEL, Bd. 7, S. 242.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.