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gewährleisteten Vereins- und Versammlungsrechtes der gesetzlichen
Regelung vorbehalten ist.
Auch das Kammergericht hat im Allgemeinen an diesen rich-
tigen Gesichtspunkten festgehalten. So hat es insbesondere in
seiner Entscheidung vom 5. November 1885 !?) im Gegensatze zu der
Judicatur des Oberverwaltungsgerichtes !*), welches die Auflösung
einer Versammlung auch aus anderen als den gesetzlich bestimmten
Gründen für statthaft hält, die Rechtsverbindlichkeit einer Polizei-
verordnung betreffend das Verbot öffentlicher Spinnstuben verneint.
Ebenso hat sich das Kammergericht in einer Entscheidung vom
29. Juni 1885!5) dahin ausgesprochen, dass Schutzmassregeln im
Interesse der Waldcultur nicht im Wege der Polizeiverordnung
angeordnet werden können, da das Gesetz vom 6. Juli 1875 !°)
die Entscheidung über die in jedem einzelnen Falle zu treffenden
Schutzmassregeln dem Kreisausschusse in der Form eines beson-
deren Regulativs überträgt.
VI. In dem Gewerberechte wird unterschieden zwischen Be-
schränkungen der Zulassung zum Gewerbebetriebe und Beschrän-
kungen in der Ausübung desselben.
Hinsichtlich der ersteren spricht $ 1 der Gewerbeordnung
den Grundsatz aus, dass der Betrieb eines Gewerbes ‚Jedermann
gestattet ist, soweit nicht durch die Gewerbeordnung selbst Be-
schränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. Jedes Landes-
gesetz und jede Anordnung einer Behörde, die eine Beschränkung
in der Zulassung zum Gewerbebetriebe beabsichtigen, müssen sich
also auf einen gesetzlichen Befehl oder auf eine gesetzliche Er-
mächtigung der Gewerbeordnung stützen.
Die Rechtsprechung des Kammergerichtes befindet sich hier-
mit vollkommen im Einklange. Es erklärt daher mit Recht die
Entscheidung des Kammergerichtes vom 10. September 1880 '?)
eine Polizeiverordnung für rechtsungiltig, welche die gewerbsmässige
19) Jonow und KüntzeL, Bd. 6, S. 304.
14) Vgl. Entsch. des O.-V.-G. vom 11. Oktober 1884, Bd. 11, 8. 382.
15) Jonow und Küntzeı, Bd. 6, S. 264.
16) G.-S. 1876, S. 416.
17) Jouow und Küntzeı, Bd. 1, 8. 189.