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reglementaires: Verordnungen. Will man „arretes“ nicht wörtlich über-
setzen, so darf man doch nicht gerade diejenige besondere Art von arrötes
als Rechtsquelle nennen, mit welcher wir den Gegensatz zu den Verordnungen
zu bezeichnen pflegen. Die Uebersetzung kommt auf diese Weise zu dem
wunderlichen Satze (S. 104): „er (der Präfekt) hat die Verordnungsgewalt
und übt sie im Wege der Verfügung.“
Noch Schlimmeres finden wir in der Lehre von der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit (S. 122). Den Gerichten sind entzogen und den Ver-
waltungsgerichten zugewiesen: „2. alle Angelegenheiten, die aus eigent-
lichen Verwaltungsakten d. h. speziellen Akten eines Kommandos und
einer Behörde hervorgehen und dabei ein Privatinteresse verletzen.“
„Angelegenheiten, die ein Privatinteresse verletzen“ — das ist gewiss nicht
schön. Aber was sind spezielle Akte eines Kommandos ? Militärische Sachen
vielleicht? Und wie kann Lr»on hier so schlechthin alle Akte einer Be-
hörde für verwaltungsgerichtlich erklären? Darin geht er ja offenbar zu weit.‘
Zum Glück für ihn wissen wir trotz seines Uebersetzers, was er geschrieben
hat. Er hat einfach die üblichen Ausdrücke gesetzt: actes de commandement
d. h. Befehlsakte, und acte d’autorit& (nicht actes d’une autorite) d. h.
autoritäre, hoheitliche Akte. Und dafür lässt man ihn solchen Unsinn
sagen!
S. 53 steht: „Der Minister (ist) der unmittelbare Beauftragte des
Staatsoberhauptes.“ LrBon hat geschrieben: „le d&el&egue immediat“ ; das
ist ja durchaus nicht das Gleiche.
S. 124 lesen wir: „In Strafsachen kann der Konflikt nie und in
zuchtpolizeilichen nur ausnahmsweise erhoben werden.“ Sind denn Zucht-
Polizei-Sachen keine Strafsachen? LrBon hatte natürlich geschrieben: „en
matiöre criminelle“.
Von der Zuständigkeit des (remeinderathes heisst es S. 112: „Ueber-
dies sind erst nach Genehmigung der höheren Behörde vollziehbar die Be-
schlüsse über: 6. Stoppelfelder.*“ Stoppelfelder? Wir müssen dem
Uebersetzer dankbar sein, dass er in Klammer beigefügt hat: „la vaine
päture*. Also die Koppelhut, den „öden Weidgang“ regelt der Gemeinde-
rath. Es wäre leicht, das unerfreuliche Register zu vermehren.
Jedenfalls dürften diese wenigen Bemerkungen es genügend rechtfer-
tigen, wenn wir behaupten, dass das Werk in seiner gegenwärtigen Gestalt
nur mit Vorsicht zu benützen ist, wo möglich nur von solchen, die des
französischen Staatsrechts bereits vollkommen mächtig sind.
Eben desshalb müssen uns aber Arbeiten, wie die zuerst besprochene,
desto willkommener sein.
Strassburg. Otto Mayer.