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wo die deutschen Verfassungen von Begnadigungsrecht ohne näheren Zusatz
sprechen, das Abolitionsrecht mit umfasst ist. In consequenter Ausführung
des Begriffs weist ELsas die früheren Auffassungen des Begnadigungsrechts
als Privileg und Erlass, die LoEB’sche Erklärung als Aufhebung des ver-
urtheilenden Erkenntnisses zurück S. 37—41. Begnadigung kann ferner nur
ergehen, wo ein Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsrecht besteht; wann
dies der Fall und wann nicht, entscheidet der Verfasser mit der herrschen-
den Meinung. S. 42—47. Endlich verpflichtet der Begnadigungsakt den An-
geklagten oder Verurtheilten 8. 28, er giebt ihm aber auch ein Recht und
ist daher unwiderruflich, S. 39 Anm. 11.
Das Begnadigungsrecht hat man früher als Ausfluss der Gesetzgebung
angesehen, und neuerdings will SEUFFERT a. a. O. S. 148 wenigstens der
Abolition die Bedeutung eines rechtsbildenden Aktes beilegen. Dem gegen-
über weist Eısas darauf hin, dass damit dem abolirenden Einzelstaate eine
Reichsgesetzgebungsgewalt beigelegt sei, da sein Gesetz sonst nicht Reichs-
recht brechen könne. Ebenso hätten damit die deutschen Landesherren ein
Gesetzgebungsrecht erhalten, das sie ohne Kammern ausüben dürften. Beides
sei nicht anzunehmen. S. 21. Treffender ist das Argument aus dem Wesen
des Begnadigungsrechts, das Gesetz schafft objektives Recht, das Begnadi-
gungsrecht wendet sich nur gegen eine Folge desselben und wirkt auf dem
Gebiete subjektiver Rechte und Pflichten. Der mittelalterliche Standpunkt,
dass die Gnade ein Ausfluss der richterlichen Gewalt sei, ist von LoEB
(S. 7: „die Gnade ist gesetzgebende und richterliche Gewalt zugleich“) und
von SIEBENHAAR für Preussen (Zeitschr. f. d. ges. Strafrechtswissenschaft VILI,
Heft 4 und 5) wiederaufgenommen worden. Dieser Ansicht hält schon
Bmpme das Verbot der Cabinetsjustiz, sowie den Hinweis entgegen, dass
die Begnadigung weder in ihren Grundlagen noch in ihren Wirkungen die
Funktionen eines Urtheils besitzt. Nach alledem kommt Binpine nicht weiter,
als dazu, in der Begnadigung einen Rechtsverzicht, ein publizistisches
Rechtsgeschäft zu finden. Mit Recht erkennt Eısas diese Definition als
äusserlich und setzt an ihre Stelle die positive Bedeutung der Begnadigung
als „Akt der Staatsverwaltung“. S. 26. Dieselbe Auffassung haben zwar
Andere schon vor ihm betont, Eusas ist der Erste, der sie scharf begründet
und konsequent durchgeführt hat. Betrachten wir seine Folgerungen: Das
Begnadigungsrecht sei ein Recht des Staates, nicht des Privaten S. 30-32.
Hiermit stellt sich Eısas im Gegensatz zu Bmpme, welcher die Zurück-
nahme der Privatklage für einen Akt der Begnadigung erklärt. Er sei es
nicht, weil der Privatkläger „keinen Akt der Staatsverwaltung vorzunehmen
befugt sei.” Das ist eine petitio priveipii. Massgebend ist, dass auch in
den Fällen der Privatklage der Staat die wahre Herrschaft über das Straf-
verfolgungsrecht behält, vergl. $ 417 Abs. 2 St.-Pr.-O. — Die Begnadigung
sei ein Recht des Staates, nicht des Monarchen. Letzterer habe es nur als
Chef der Landesjustizverwaltung auf Grund ausdrücklicher Gewährung durch