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gesetzten nachzukommen haben. Da diese Anweisungen auch ohne Angabe
der Gründe ergehen dürfen, so können sie auch darauf beruhen, dass Abolition
erfolgt sei. Das Reichsrecht habe damit dem landesgesetzlichen Abolitions-
recht einen Weg gelassen, sich gegen das Legalitätsprinzip geltend zu machen,
und es in seinem Fortbestand sanctionirt. Die 88 147, 148 G.-V-G. sollten
m. E. gegen das Legalitätsprinzip nicht ins Feld geführt werden, da man
de jure daran festhalten muss, dass dieses Prinzip auch für die anweisenden
Vorgesetzten gilt. Massgebender ist ein Argument aus $ 152 St.-Pr.-O selbst,
wonach das Legalitätsprinzip die Verfolgbarkeit der That voraussetzt, und
diese besteht nicht mehr, sobald abolirt ist. Hält Eusas die Abolition auch
im Allgemeinen aufrecht, so erachtet er sie doch von dem Augenblicke an
für unzulässig, mit welchem das Strafverfahren in die Hand des Richters
übergeht. S.87—91. Denn die Niederschlagung erscheine als Verwaltungs-
befehl an die Staatsanwaltschaft, die Klage nicht zu erheben oder die er-
hobene zurückzuziehen. Und dieser binde gemäss G.-V.-G. $ 1 nicht den
Richter und, sobald $ 154 St.-Pr.-O. entgegensteht, auch nicht die Staats-
anwaltschaft. Er sei daher unzulässig, — und zwar auch in der Form cines
Landesgesetzes, 8 49 Abs. 3 der preussischen Verfassung sei aufgehoben.
S. 97 Anm. 19. Diese Deduktion knüpft sich an die bedenkliche Ansicht,
dass die Abolition nicht als Gesetz erscheinen könne; ein solches würde
stets den Richter zur Einstellung des Verfahrens verpflichten, gleichgültig,
ob es ein Reichs- oder Landesgesetz ist, z. B. ein Gesetz nach $ 49 Abs. 3
cit. Die Zeit, in welcher der Verwaltungsbefehl zur Abolition genügen soll,
dehnt EısAs über die Voruntersuchung aus, dieselbe erklärt er, wie Kkrıss,
Zeitschr. f. d. ges. Strafrechtswissenschaft V S. 1 ff., als Funktion der Straf-
verfolgung, als Staatsanwaltschaftsgeschäft. S. 92—99. Beide unterschätzen es,
dass sie in die Hand eines Richters gelegt ist. Selbst nach einem Gerichts-
beschlusse, der Erhebung der Klage anordnet, soll noch ein Verwaltungs-
befehl Abolition bewirken; dem steht $ 1 G.-V.-G. entgegen.
Die schwierigsten Fragen ergeben sich, wenn mehrere deutsche Staaten
das Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsrecht haben. Die Meinungen
gehen sehr auseinander. Ersas bespricht sie, bevor er seinen Standpunkt
darlegt. Was die Collision des Begnadigungsrechts im engeren Sinne
anlangt, so schliesst er sich der herrschenden Meinung an, welche das-
selbe demjenigen Staate gewährt, dessen Gericht in erster Instanz geurtheilt
hat. Dies können, wie im Falle der Realkonkurrenz die Gerichte mehrerer
Staaten gethan haben, das zuletzt urtheilende hat die Gesammtstrafe fest-
gesetzt. SEUFFERT giebt dann das Begnadigungsrecht dem Staate, der die
Strafe thatsächlich vollstreckt, es entscheide der Bundesrathsbeschluss vom
11. Juni 1885, — so auch Bmpme. Euısas meint, dass für die Begnadigung
nur das Recht zur Strafvollstreckung, nicht die auftragsweise Ausführung in
Betracht komme. ZErsteres stehe aber lediglich dem Staate zu, dessen
Gericht die Gesammtstrafe festgesetzt hat; diese sei eine einheitliche und