Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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und zwar auch dann, wenn es sich um die oftmalige Wiederholung kleinerer 
Vergehungen handelt, für eine möglichst lange Zeitdauer unschädlich zu machen.“ 
Bei der Knappheit des mir gewährten Raumes muss ich mir leider 
eine Kritik der vorstehend mitgetheilten Sätze versagen und mich darauf 
beschränken, hervorzuheben, dass die unter 1 bis 5 aufgestellten Sätze wohl 
auf vielseitige Billigung rechnen können. Der Satz 8 ist bereits Seitens 
des (früheren) preussischen Justizministers insofern zur Anerkennung gelangt, 
als dieser die Staatsanwaltschaften angewiesen hat, gegen jugendliche Ver- 
brecher im Interesse einer erziehlichen Wirkung der Strafe keine kurz 
bemessenen Freiheitsstrafen in Antrag zu bringen. 
Der Inhalt der auf der ersten Jahresversammlung der „Vereinigung“ 
in Brüssel zur Erörterung gebrachten Thesen ist kurz folgender: 
Abgesehen von der schon erwähnten Frage der bedingten Verurtheilung, 
über welche Heft 1 (S. 28—43) zwei sich dafür aussprechende Gutachten von 
dem Professor An. Prms zu Brüssel und dem Professor Dr. H. LammascH zu 
Innsbruck enthält, ist ferner erörtert, „welche Massregeln dem Gesetzgeber 
zur Einschränkung der kurzzeitigen Freiheitsstrafen empfohlen werden 
können.“ — Ueber diese Frage bringt das 1. Heft die beiden Gutachten 
von Prof. von Liszt in Halle und Präsident DI GAROFALO in Neapel. Dieses 
Heft schliesst mit einem Gutachten des Ministerialraths von JAGEMANN in 
Karlsruhe über die Frage 4°: „Soll die Zulässigkeit der Zwangserziehung 
von der Begehung einer strafbaren Handlung abhängig gemacht werden,“ ? 
über welche sich in Heft 2 (S. 81) gleichfalls der Präsident van MOLDENHAWER 
in Warschau ausgesprochen hat. 
Die dritte Frage, welche die Fehler des von den modernen Gesetz- 
gebungen befolgten Systems zur Bekämpfung des Rückfalls erörtert, ist ın 
demselben Heft von dem Prof. van HameEL in Amsterdam und dem Advokaten 
Lucas in Porto behandelt. 
Endlich enthält dieses Heft noch ein Gutachten des Prof. GAUCKLER 
in Caen über das Theme: 
„Mit welchem Alter soll die strafrechtliche Verfolgung jugendlicher 
Verbrecher beginnen?“ 
und einen denselben Gegenstand betreffenden Brief des Prof. GETZ zu Christiania. 
Diese kurz skizzirte Inhaltsangabe wird schon genügen, um die hohe 
Bedeutung der internationalen kriminalistischen Vereinigung ins rechte Licht 
zu stellen, eine Bedeutung, welche nicht zum wenigsten dadurch wesentlich 
erhöht wird, dass es sich hier um eine gemeinsame friedliche Arbeit von 
Juristen der meisten civilisirten Völker handelt, die geeignet ist, eine ideale 
Rechtsgemeinschaft aller Culturstaaten der Erde anzubahnen, eine Perspektive 
von unberechenbarer Tragweite. — 
Ref. kann desshalb der „Vereinigung“ und ihren idealen Zielen nur 
die grösste Verbreitung wünschen und würde es mit Freuden begrüssen, 
wenn diese Zeilen dazu beigetragen haben sollten, ihr auch aus dem Leser- 
kreise des „Archivs“ neue Anhänger zuzuführen. Neukamp.
	        
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