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gestellt. Er stützt die letztere vielmehr auf eine breite Grundlage
die eine selbständige Bedeutung hat, auf eine „Revision näm-
lich der allgemeinen Grundbegriffe des Staats-
rechtes, welche in den wesentlichsten Punkten zu einer von der
herrschenden fundamental verschiedenen Anschauung gelangt.*
I. Der Ausgangspunkt aller Untersuchungen ist der Suve-
ränitätsbegriff; freilich in einer vollen Negative. Der Verf.
will den Begriff der Suveränität aus der Dogmatik des Staats-
rechtes eliminirt wissen. (cap. 5).
Diese Forderung ist durchaus nicht zu verwechseln mit der
Erweiterung des Staatsbegriffes, den die moderne Wissenschaft
hauptsächlich um der Erscheinung des Bundesstaates willen vor-
genommen hat. Hierdurch soll es nur ermöglicht werden, das
Wort „Staat“ sowohl auf den suveränen Gesammtstaat als auf
den nicht suveränen Gliedstaat anzuwenden. Aber nichtsdesto-
weniger bleibt hierbei die Suveränität ein wesentlicher Begriff
für den Staat, nämlich in seiner Gestaltung als Einheits- oder
(resammtstaat. Dagegen behauptet Preuss, dass die Suveränität
für den modernen, für den Rechtsstaat überhaupt keinerlei
Merkmal sei, um das Wesen desselben wissenschaftlich zu ver-
deutlichen. Das ist auf den ersten Blick überraschend. Allein
alles Auffällige verschwindet dadurch, dass PrEuss mit dem Worte
Suveränität eine ganz andere Bedeutung verbindet, als der von
dem herkömmlichen Sprachgebrauche unserer Literatur vorein-
genommene Leser voraussetzt. Ihm ist Suveränität das tragende
Grundprinzip nur des absoluten Staates; ihm ist suveräne
Staatsgewalt identisch mit absoluter und zwar mit so absoluter
Staatsgewalt, dass dieselbe weder ein Völkerrecht über sich noch
auch anderweitige öffentlichrechtliche Verbände unter sich, ja
überhaupt kein öffentliches Recht anerkennt. Es mag bezweifelt
werden, ob dieser Begriff der Suveränität auf irgend einen
historischen Staat, etwa auf den absoluten Staat des roi soleil,
ja auch nur auf eine orientalische Despotie, die doch immerhin