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der Gemeinden, den Unterschied zwischen dieser und dem Staat
mit begründen könne.
1I. In der weiteren Revision der Grundbegriffe des Staats-
rechtes ist eine bestimmte Anschauungsweise das leitende Princip.
Es ist die organische Anschauung.
An erster Stelle leitet der Verf. daraus diejenige Methode
ab, die alle seine Untersuchungen durchdringt. „Sonach ergiebt
sich (sagt PrEuss pag. 145), dass man den eigentlichen Inhalt
der organischen Staatslehre völlig verkennt, wenn man von ihr
die Hervorhebung des spezifischen Charakteristikums,
welches etwa die als Staaten bezeichneten Gebilde von ähnlichen
Erscheinungen unterscheiden soll, erwartet. Im Gegentheil zeigt
vielmehr die organische Anschauung die Wesensgleichheit der
staatlichen und der analogen Verbände; betrachtet sie den Staat
als ein Glied in der ungeheuren Kette der Organismen.“
Wir stellen diesem Kardinalsatz des Verf. den anderen Satz
gegenüber: Wäre es richtig, dass die organische Anschauung nur
diese Eine Seite der Erscheinungen erfasste, dann wäre sie
schlechterdings unzureichend, unvollständig, unfähig ein Gedanken-
bild der Realität zu erzeugen. Soll sie eine wahrhaft wissen-
schaftliche Anschauungsweise sein, dann ist für sie die andere
Aufgabe gleichwichtig und gleichwerthig, nämlich die Differen-
zirungen in den Gleichartigkeiten aufzuweisen, die Bedingungen
und Merkmale festzustellen, unter denen sich unbeschadet ihrer
Gleichartigkeit und in wesensgemässer Entfaltung der darunter
begriffenen Erscheinungen die eigenthümlichen und besonderen
gesellschaftlichen Gestaltungen entfalten.
Aus der Verkennung dieser anderen ergänzenden Seite, aus
jener Einseitigkeit der Auffassung muss sich mit logischer Noth-
wendigkeit eine Methode entwickeln, welche die charakteristischen
Unterschiede auflöst und zu schematischen, abstrakten, der Er-
kenntniss der Realität schädlichen Verallgemeinerungen in Begriffs-
bildung und Terminologie führt.