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sein Wille durch die verfassungsmässigen Factoren der beiden
Ländergebiete determinirt ist, in beiden Ländergebieten ist er der
verfassungsmässige Gesetzgeber, und auch für die occupirten
Länder ist seine Gesetzgebung zwingender und unwiderstehlicher
Befehl. Der Kaiser von Oesterreich übt in Bosnien und der
Herzegowina die Justiz-, Polizei-, Finanz-, Militär-, Privilegien-,
Kirchen- und die auswärtige °) Hoheit !%. Die in Bosnien an-
gestellten Beamten haben in ihrer Eidesformel zu geloben, „stets
das Beste des Dienstes Seiner Majestät vor Augen zu haben“ !N),
und seit der Occupation ist die Bewilligung des Kaisers von
Oesterreich zur Annahme und zum Tragen fremder Ordenszeichen
erforderlich 2). Der Kaiser von Oesterreich übt also auch in
Bosnien und der Herzegowina sämmtliche Regierungsrechte aus,
er hat gegenüber den Bewohnern dieser Länder im Wesentlichen
dieselbe Stellung als Herrscher, wie gegenüber den Bewohnern
der österreichisch-ungarischen Monarchie, er ist in Wirklichkeit
der Beherrscher Bosniens und der Herzegowina, und an diesem
Thatbestand wird dadurch nichts geändert, dass bezüglich des
materiellen Inhaltes seiner Herrscherbefehle, bezüglich der Uebung
der Herrschaft seine Stellung gegenüber den Bewohnern Bosniens
eine andere ist, als gegenüber seinen Unterthanen in den beiden
Ländergebieten der Monarchie.
Wenn nun mit Bedacht auf die Quellen gleichwohl behauptet
®) Vgl. die Verträge über die Aufhebung der Consular-Gerichtsbarkeit
in Bosnien und der Herzegowina, ferner $ 3 und 5 des Gesetzes vom
20. December 1879 No. 136 R.-G.-Bl.; ferner den Erlass des gemeinsamen
Ministeriums vom 18. December 1879 B. H., betreffend die Anerkennung der
fremden Consularfunctionäre.
10%) Vgl.8 2, 10, 11, 12, 13, 14 der a. h. Entschliessung vom 29. October
1878 über den provisorischen Wirkungskreis des Chefs der Landesregierung
in Bosnien und $ 8 der Uebergangsbestimmungen. Vgl. dazu GERBER,
Grundzüge des deutschen Staatsrechtes S. 71.
11) A. h. Entschliessung vom 8. Mai 1879.
12) Also auch türkischer Ordenszeichen! Dies bestimmt ausdrücklich der
Erlass des gemeinsamen Ministeriums vom 22. October 1880 No. 6883 B.H.