Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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moralisches oder physisches Uebergewicht gründet, ist ebenfalls 
für die begriffliche Erfassung des Thatbestandes unterscheidend. 
Wo also eine herrschende Mehrheit — und in dem Begriffe ist 
bereits enthalten, dass es ein dauerndes Verhältniss sein muss, 
nicht ein vorübergehender Zustand zeitweiliger Ueberlegenheit, 
wie dies z,. B. seitens eines siegreichen Volkes gegenüber dem 
Besiegten bei dem Friedensschluss der Fall ist — einer anderen 
Bevölkerungsschichte gegenüber steht, wo beide zusammen von 
einer souveränen Gewalt beherrscht werden, deren Macht in der 
Stützung durch diese Mehrheit die vis cogendi findet, dort besteht 
ein staatsrechtlicher Verband zwischen sämmtlichen Beherrschten. 
Eine souveräne Gewalt, eine dieser die Macht der Unwidersteh- 
lichkeit verleihende herrschende Mehrheit und eine beherrschte 
Individuen-Vielheit, das sind die überall wiederkehrenden Merk- 
male eines staatsrechtlichen Verbandes !°). Ueberall aber, wo sich 
diese Merkmale nachweisen lassen, muss auch der Bestand eines 
staatsrechtlichen Verbandes angenommen werden. In der Regel 
wird sich die herrschende Mehrheit aus besonderen Interessenten- 
Gruppen der Gesammtheit zusammensetzen, wo Mehrheit und 
Minderheit gemischt durch einander wohnen. Aber das Verhält- 
niss der Herrschaft wird nicht geändert, wenn sich diese beiden 
Gruppen nach örtlichen Verschiedenheiten, statt nach Standes- 
Verschiedenheiten sondern. Ob auf dem Gebiete A sich die 
herrschende Mehrheit von der Minderheit dadurch abhebt, dass alle 
auf dem Gebiete A wohnenden Individuen, welche dem Stande X 
— Stand im weitesten Sinne des Wortes genommen — angehören, 
gegenüber sämmtlichen Individuen des Gebietes A, welche nicht dem 
Stande X angehören, die übermächtigere Mehrheit bilden, welche 
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(Empirische Untersuchungen $. 173). Auch die prätorianerhafte Minderheit 
wird zur Mehrheit, sobald sie die factische Uebermacht in Händen hat. 
15) Dazu kommt das Erforderniss eines Gebietes als der örtlichen Be- 
stimmtheit der Herrschaft. Im technischen Begriffe der Herrschaft ist aber 
der Begriff der örtlichen Bestimmtheit bereits enthalten.
	        
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