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Oesterreich-Ungarn (abgesehen von ganz untergeordneten, noch zu
erörternden Bestimmungen der Convention) keinerlei Beschränkung
seiner Verwaltung auferlegt, Oesterreich übt die vollständige Herr-
schaft über Bosnien aus. Genau so wie auf dem Gebiete der
beiden Staaten der Monarchie bedürfen die fremden Consular-
functionäre auch in Bosnien des Exequatur des Kaisers von
Oesterreich '?); dass aber die Souveränität Oesterreich-Ungarns
über die occupirten Provinzen auch der europäischen Anerkennung
nicht entbehrt, ergibt sich schlagend aus der Thatsache, dass die
europäischen Staaten mit Oesterreich-Ungarn Verträge über die
Aufhebung der fremden Consulargerichtsbarkeit im ÖOccupations-
Gebiete abgeschlossen und auf alle Rechte verzichtet haben, welche
ihnen aus den mit der Pforte abgeschlossenen Capitulationen er-
wachsen sind!?), Bosnien und die Herzegowina gehören sohin
zum Herrschaftsbereiche des Kaisers von Oesterreich, es bildet
mit der österreichisch-ungarischen Monarchie ein staatsrechtliches
Ganzes.
Nunmehr erhebt sich ein gewichtiger Einwand. Die Con-
gress-Äcte und die Convention gehen der Oonstituirung eines un-
18) Vergl. N. 9.
18) Circular-Erlass der Landes-Regierung in Serajewo vom 25. November
1880 No. 27881 betreffend die Aufhebung der Consularjurisdiction für die
grossbritannischen Staatsangehörigen. „. . . Demgemäss werden fortan die
englischen Staatsangehörigen im Occupationsgebiete ebenso wie in der öster-
reichisch-ungarischen Monarchie zu behandeln sein.“ Diesem Beispiele folgten
alle übrigen Grossmächte, so dass EICHLER (in seinem trefflichen Buche „Das
Justizwesen Bosniens und der Herzegowina“, Wien 1889 S. 171) constatirt,
„dass bezüglich der Gerichtsbarkeit im ganzen Lande das Princip der Terri-
torialität im vollen Umfange zur Geltung gelangt ist.“ Vgl. die Verordnung
der Landesregierung vom 5. Februar 1881 2.537 No. 39 der Sammlung für 1881,
betreffend die Unterwerfung der deutschen Reichsangehörigen und Schutz-
befohlenen unter die im Lande eingesetzten Gerichte (Deutsches Reichsgesetz
vom 7. Juni 1880) und den Circular-Erlass der Landesregierung vom 22. Oc-
tober 1881 Z. 2363 No. 258 der Sammlung, betreffend die Verzichtleistung
der Regierungen Russland’s, Frankreich’s und Italien’s auf ihre Consular-
jurisdietion in Bosnien und der Herzegowina.