Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

— 521 — 
Staaten ist der Kaiser, beziehungsweise König bei der Uebung 
der Herrschaft an die Determination seitens der verfassungs- 
mässigen Vertreter der Bevölkerung gebunden. Wo diese nicht 
Platz greift, tritt das freie Ermessen der Regierung ein. Ganz 
dasselbe gilt für Bosnien und die Herzegowina. Wo die ver- 
fassungsmässigen Vertreter der Bevölkerung der beiden Staaten 
nicht Einfluss nehmen, übt der Kaiser die Herrschaft nach freiem 
Ermessen, und die verfassungsmässigen Factoren der beiden Staaten 
vertreten bei der von ihnen geübten Determination nicht die Inter- 
essen des Reichslandes, sondern die Interessen ihrer Staaten. In 
allen internationalen Beziehungen erscheint das Reichsland nicht 
als Staat, sondern als Bestandtheil der österreichisch-ungarischen 
Monarchie. Die von der Monarchie geschlossenen Staatsverträge 
gelten ipso jure auch für das Reichsland. Das Reichsland hat 
keinerlei Mitgliedschaftsrechte an dem Bunde der beiden Staaten 
der Monarchie und hat ihnen gegenüber keine Sonderrechte. Dass 
der Bestand eines besonderen Fiscus des Reichslandes, sowie die 
nimmt an, dass das Subject der Herrschaft: das Reich als ideale Person ist. 
Wir haben diese Anschauung von der Persönlichkeit des Staates bereits an 
anderem Orte vielfach bekämpft. („Empirische Untersuchungen“). In Folge 
dessen lehrt er, dass der Deutsche Kaiser, der die Staatsgewalt in Elsass- 
Lothringen ausübt, nur der Delegat des Reiches ist, nur das Organ, dessen 
sich das Reich behufs Ausübung seiner Staatsgewalt bedient (S. 716). Da 
unseres Erachtens das Subject der Reichsgewalt nicht das Reich, sondern 
der Kaiser ist (vgl. Empir. Untersuchungen), wäre der Kaiser als Beherrscher 
des Reichslandes sein eigener Delegat. Wir glauben, dass der Kaiser nicht 
bloss der Vertreter des Herrschers, sondern der Herrscher des Reichslandes 
ist. Deshalb ist aber gleichwohl das Reichsland nicht ein besonderer und 
zwar monarchischer Staat, es ist überhaupt kein Staat. Es ist eine Provinz 
des Deutschen Reiches, welche der Kaiser des Deutschen Reiches beherrscht, 
und zwar nicht absolut und nicht in Gemässheit der Determination der Bewohner 
des Reichslandes, sondern in Gemässheit der Determination des ganzen Reiches. 
Der Bundesrath und der Reichstag haben bezüglich des Reichslandes eine 
andere resp. erweiterte Consequenz, als bezüglich der anderen Reichstheile. 
Die Völker aller Gliedstaaten sind zusammen die herrschende Klasse, aber 
deshalb ist nicht das Reich, welches gar kein reales Wesen ist, Subject der 
Herrschaft. 
Archiv fur Öffentliches Recht. V. 4. 35
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.