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„Durch dergleichen Aufhebung eines Verbrechens oder
durch die erfolgende Begnadigung des Verbrechens, sollen aber
die aus der That selbst wohl erworbenen Privatrechte eines
Dritten niemals gekränkt werden“
durch die Bundesverfassung aufgehoben. Durch die Bundesver-
fassung ist ein Dritter (das Reich) an der Begnadigung betheilist
worden. Der Ustmand, dass die dem Reiche zustehenden Rechte
nicht Privatrechte sind, erscheint als unerheblich. Denn die Vor-
schrift des erwähnten $ 10 enthält einen allgemeinen Grundsatz.
Bei Niederschlagungsbefehlen ist daher zu unterscheiden, ob
wegen Armuth, oder ob zum Zwecke der Beschenkung des
zur Zahlung Verpflichteten die Niederschlagung erfolgt.
Es kann nicht angenommen werden, dass eine für den König
von Preussen erloschene Befugniss der Niederschlagung zu letz-
terem Zwecke auf den Bundespräsidenten oder Bundesfeldherrn
übergegangen sei.
Wie JoEL (in Hirth’s Annalen von 1888 8. 831) aus dem
& 484 der Strafprozessordnung, welcher dem Kaiser eine sehr
beschränkte Begnadigungsbefugniss auf strafrechtlichem Gebiete
einräumt, eine auf vermögensrechtlichem (Gebiete geltende Begna-
digungsbefugniss des Kaisers herleiten will, ist schwer zu be-
greifen. Solche Befugniss kann nur durch Reichsgesetz geübt
werden. "
Der deutsche Kaiser ist nicht, wie der „König in Germanien“
es war, im Besitze der ihm nicht entzogenen, sondern der
ihm durch Gesetz übertragenen Staatshoheitsrechte. (Vergl.
LABAND, Staatsrecht des deutschen Reichs 2. Aufl. 8 81). Die Gleich-
stellung der von mir unterschiedenen Niederschlagungsfälle hat nur
scheinbar eine Stütze in der Fassung des $ 26 der preussischen
Instruktion für die Oberrechnungskammer vom 18. Dezember 1824.
Denn zu Unrecht wird in dieser Instruktion der Betrag der von
einem Beamten vorschriftswidrig verauslagten und daher zu er-
stattenden Summe als Strafe bezeichnet. Dieser Betrag ist ein
Schadensersatz und auch dann keine Strafe, wenn die Veraus-
lagung unter ein Strafgesetz fällt.
Es dürfte von LABAnD (a. a. ©. 1. Aufl. III. 18. 57ff.) nach-