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sein, welches verwaltungsrechtlich einen Theil eines Gutsgebietes bildet.
So sehr der Scharfsinn der Ausführungen des Verfassers Anerkennung ver-
dient, so beruhen doch die Resultate auf einer isolirten und daher wenig
sicheren Art der Betrachtung einzelner Gesetzesstellen. Dies gilt namentlich
von der Behauptung, dass das Gesetz vom 12. August 1866 lediglich ver-
waltungstechnische Bedeutung beanspruche, für die Frage der Virilstimm-
berechtigung aber jedes (wenn auch nur mittelbaren) Einflusses entbehre.
Auch trifft es nicht zu, dieses Gesetz als einfaches Gesetz zu bezeichnen und
den Landesverfassungsgesetzen entgegen zu stellen. De lege ferenda proponirt
übrigens der Verfasser eine Aenderung der Reichsrathswahlordnung in der
Richtung, dass in Betreff der Virilstimmberechtigung die jeweilig in Galizien
und in der Bukowina für das Landtagswahlrecht massgebenden Bestimmungen
auch für das Reichsrathswahlrecht gelten solien.
Der Verfasser wendet sich sodann der Frage zu, welche Bedeutung
einem reichsgerichtlichen Erkenntnisse für die dem Abgeordnetenhause zu-
stehende Wahlprüfung beizulegen ist. Dabei wird in den Vordergrund die
Erwägung gestellt, dass das Abgeordnetenhaus, wenn es unbestritten allein
über die Agnoszirung seiner Mitglieder zu entscheiden berufen ist, auch aus-
schliesslich in der Lage sein soll, über die Berechtigung der Wähler zur
Stimmabgabe zu entscheiden. Der Verfasser bekämpft daher die dem Erkennt-
nisse des Reichsgerichts vom 19. April 1881 Z. 71 (HyeE’s Sammlung VI
Nr. 234) zu Grunde liegende Auffassung, nach welcher das Abgeordnetenhaus
unmittelbar über das Recht des Gewählten, das Reichsgerieht über das Recht
der Wähler zu erkennen berufen sein soll, und sucht aus der Entstehungs-
geschichte des Reichsgerichtes darzuthun, dass dasselbe zum Schutze der
Volksinteressen gegen Uebergriffe der Regierung zu dienen, nicht aber als
Revisionsinstanz gegenüber der Volksvertretung zu fungiren bestimmt ist.
Erweisen sich die Bedenken gegen die Unterscheidung zwischen dem Rechte
des Gewählten und dem als Prämisse desselben stets in Betracht kommenden
Rechte der Wähler vom Standpunkt rein akademischer Betrachtung durchaus
gerechtfertigt, so ist es doch eine andere Frage, ob nicht diese wenig glück-
liche Distinktion thatsächlich der Gestaltung des positiven österreichischen
Staatsrechtes zu Grunde liegt.
Den aus Anlass des angeführten reichsgerichtlichen Erkenntnisses über die
oberösterreichischen Grossgrundbesitzwahlen im Abgeordnetenhause von dem
Abg. Grafen HonEnwarT gestellten Antrag auf Prüfung der Kompetenz-
frage sucht der Verfasser in der Weise zu rechtfertigen, dass es sich hiebei
bloss um die Sicherstellung der Kompetenz des Reichsrathes, nicht aber
um einen Eingriff in die dem Reichsgerichte zustehende selbständige Kom-
petenzbestimmung gehandelt habe.
ÜÖzernowitz. F. Hauke.