Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

— 590 — 
höhere Aufgabe überkommen, zugleich die Fragen der Gesetzlichkeit und Zu- 
lässigkeit, der Nothwendigkeit und Zweckmässigkeit der die Finanzgebahrung 
berührenden Verwaltungshandlungen durch Prüfung aller Rechnungen über 
staatliche Einnahmen und Ausgaben zu erörtern, die Finanzperioden sind 
seit 1868 zweijährige geworden. Auf der anderen Seite hat der Eintritt 
Sachsens in den ’norddeutschen Bund bezw. mit diesem in das deutsche Reich 
seit CZÖRNIG s Studie einen Faktor in die sächsische Finanzwirthschaft ein- 
geführt, welcher sich der Einflussnahme der sächsischen Stände gänzlich 
entzieht. 
Der hiernach gegenwärtig bestehende Zustand des sächsischen Etat- 
rechts findet in der Löße’schen Schrift eine vorzügliche, objektive Dar- 
stellung. Der Verfasser, welchem wir bereits eine Reihe anderer finanzrecht- 
licher Schriften und Abhandlungen verdanken, steht in Folge seiner amtlichen 
Stellung in engster Fühlung mit dem Etatwesen des Landes und hat aus den 
zuverlässigsten Quellen geschöpft. Gewünscht hätten wir freilich, dass die 
Literatur des sächsischen Staatsrechts nicht ganz mit Stillschweigen über- 
gangen worden wäre; denn auch das sächsische Etatrecht hat natürlich seine 
Kontroversen und es würde von besonderem Werthe gewesen sein, wenn 
grade LöBE seine Stellung zu den von Anderen ausgesprochenen Ansichten 
gekennzeichnet hätte. 
Das Buch zerfällt in zwei Theile, indem cs den sächsischen Staatshaus- 
halt zunächst in seinen verfassungsrechtlichen Beziehungen und sodaun (von 
S. 115 ab) unter Beigabe einer graphischen Uebersicht in seinen bemerkens- 
werthesten finanziellen Leistungen behandelte Für das Archiv interessirt 
vorwiegend der erste Theil. 
Das Bewilligungsrecht der jetzigen sächsischen Landesvertretung ist 
keine völlig neue Schöpfung des modernen Konstitutionalismus, sondern 
schliesst sich an die Zustände der älteren landständischen Zeit an. LöBE 
nimmt deshalb im ersten Abschnitte („der Staatshaushalt und das Bewilligungs- 
recht der Landesvertretung“) S. 7 an, dass zwar das Ausgabebewilligungsrecht 
der jetzigen Stände sich gegen früher wesentlich erweitert habe, indem die- 
selben im Allgemeinen befugt sind, alle Ansätze für Ausgaben nach Art und 
Höhe auf ihre Nothwendigkeit und Zweckmässigkeit zu prüfen, dass dagegen 
das Einnahmebewilligungsrecht ein beschränktes geblieben sei, indem alle 
nicht aus direkten oder indirekten Landesabgaben sich ableitenden staatlichen 
Einnahmen von einer vorgängigen ständischen Bewilligung nicht abhängen. 
Bedenkt man nun aber, dass der Staatshaushalt ein Ganzes bildet, dessen 
Einnahmen und Ausgaben balanziren sollen (s. auch 8. 19), dass fast jeder- 
Etatabschnitt, sowohl Einnahmen als Ausgaben aufweist, dass auch Einnahme- 
quellen vorübergehend versiechen und durch Zuschüsse gespeist werden 
müssen, dass die Zweckmässigkeit der Einstellung gewisser (z. B. der Eisen- 
bahn-) Einnahmen in bestimmter Höhe eine sehr verschiedenartige Beurtheilung 
erfahren kann, und dass endlich die Heranziehung von Substanztheilen des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.