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GEORG MEYER constatirt in seinem Lehrbuch S. 414, 1878,
seine Uebereinstimmung mit MoHL, ohne indess den charakteristi-
schen Inhalt von den Ausführungen des Letzteren recht zu
würdigen. Er hält es nämlich für selbstverständlich, dass der
Anordnung der Publication eine Prüfung vorausgehe, ob die ver-
fassungsmässigen Erfordernisse eines Reichsgesetzes vorhanden
seien. So schreibt MEYER im nämlichen Jahre in Hirth’s Annalen
S. 374. Ebenso GIERKE in Grünhut’s Zeitschr. VI, S. 230.
Allein oft schliesst das positive Recht das Allerselbstverständ-
lichste aus. Darum war es besser und vorsichtiger, wenn ZORN.,
LABAND und SCHULZE neben der Betonung des fehlenden Vetos
die kaiserliche Befugniss zur Prüfung des verfassungsmässigen
Zustandekommens der Reichsgesetze besonders und deutlich her-
vorhoben. Die letzten drei Namen genügen, um die obige Be-
merkung, dass die Monr’sche Meinung die heute herrschende ist,
zu rechtfertigen.
Diese durch bedeutende Namen gedeckte Position ist im
Jahre 1884 von einer Seite angegriffen worden, von welcher man
eine Polemik vielleicht am wenigsten vermuthete. Ein Pandectist
ist es, welcher gegen die herrschende Meinung Sturm läuft.
DernBurG lehrt in seinen Pandecten, 1. Aufl. 8 25: „Verkündi-
gung eines Gesetzes, welches der Kaiser für gemeinschädlich
hielte, entspräche jedoch nicht seinen kaiserlichen Pflichten. In
Folge dessen hat er indirect ein Veto. Die Ablehnung der Ver-
kündigung eines von Bundesrath und Reichstag beschlossenen
(sesetzes könnte jedoch nur ein ausserordentliches Hülfsmittel
bilden und ist keine im regelmässigen Gang der Dinge begründete
Befugniss des Kaisers. Ausdrücklich ist dem Kaiser das Veto
nur in einigen bestimmten Fällen durch die Verfassung zugetheilt.“
Ungefähr das Nämliche bringt die 2. Auflage, Anm. 5 des citir-
ten Paragraphen: „Die Verfassung enthält nichts von der Ver-
kündigungspflicht des Kaisers. Es ist nur zuzugeben, dass sie
die Verkündigung als die Regel unterstellt. Aber der Kaiser