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(nicht 95) auf das nämliche Hauptverhältniss und haben als Grund-
voraussetzung ausschliesslich den Fall im Auge, wenn weder die
eine noch die andere Gemeinde ihre Berechtigung rechtsförmlich
nachzuweisen im Stande ist, hiernach also beide Gemeinden als
nicht berechtigt zu betrachten wären. Aus dieser Grundanschau-
ung ergeben sich wichtige Consequenzen.
Seine Gründe sind folgende.
Bei der gegentheiligen Auffassung, welche eine zweifellos
berechtigte Gemeinde einer berechtigten gegenüber stelle, er-
scheinen die $S 94, 96, 97 überflüssig oder juristisch schwer ver-
ständlich. Wenn sich in einem Streite über den Bestand des
Simultaneum ergeben habe, dass die eine Gemeinde zur Kirche
berechtigt sei, die andere nicht, so sei die Sachlage klar gestellt
und bestände keine Veranlassung erst noch zu Vermuthungen zu
greifen. Dann läge ein Simultaneum nach den früheren Erörte-
rungen nicht vor und hänge es einfach von der berechtigten Ge-
meinde ab, ob sie die Fortsetzung eines nichtberechtigten Ge-
brauchs der anderen Confession noch dulden wolle oder nicht.
Hiergegen ist zu sagen: Ein Simultadeum kann auch dann vor-
liegen. Denn unter diesen Begriff fallen nicht nur die festen,
sondern auch die widerruflichen Rechte (die nach unserer Ansicht
das preussische und bayerische Recht !°°) eben dortselbst regeln).
Gerade ob das eine oder andere vorliegt, dafür sind Vermuthungen
am Platze.
Denn, wenn Kraıs 8. 13 fortfährt: „die in $ 94 aufgestellte
Vermuthung eines Precariums insbesondere wäre je nach den Um-
ständen entweder absolut überflüssig -- wenn nämlich ein Pre-
carium der zweiten Kirchengemeinde etwa schon urkundlich feststeht
— oder aber widersinnig — wenn z. B. actenmässig sich ergibt,
dass diese Kirchengemeinde den Mitgebrauch nicht bittweise ein-
108) Derselben Ansicht die bayer. Ministerial-Entschliessung vom 21. Oc-
tober 1874 im Amtsblatt für die Geistl. etc. 1, 401.