— 108 —
Mittel dazu. Jeder Staatsvollzug findet naturgemäss seine Be-
grenzung und nähere Bestimmung in dem erwähnten obersten
oder souveränen Befehl, d. h. im Gesetze.
Die ideale und eben deshalb praktisch unwahre und stets
bedenkliche Grundform der Bethätigung des consensus omnium
oder des allgemeinen freien Zustimmungsmomentes zu Fragen des
Staatswillens war und ist, abgesehen von der Entnahme desselben
aus concludenten Handlungen, das Plebiscit oder, wie man es in
der Schweiz nennt, das Referendum, — eine Form, welche auch
in Republiken nur ausnahmsweise zur Anwendung kommt, deren
Gebrauch man aber neuestens für Parlamentsbeschlüsse selbst in
Monarchien für anwendbar erachtet hat unter Vorbehalt des
monarchischen Veto. Es ist offenbar, wenn es sıch bloss um den
Vollzug fortbestehen sollender Dinge handelt, nicht nothwendig ;
aber da auch der Fortbestand den consensus omnium voraussetzt,
so ist es klar, dass der Vollzug sich in den Schranken des gesetz-
lich Bestehenden halte. In der Veberwachung des In-den-Schranken-
haltens und in der Sorge dafür liegt jene Pflicht und jenes Recht
Aller, welche ın den politischen Eiden mit „Beobachtung der Ver-
fassung und Aufrechthaltung der Gesetze* und wohl auch, wenn
richtig verstanden, mit „Treue gegen den König“ ausgedrückt
sind.
Aber weder in dieser letzteren Hinsicht (Controlle der Ver-
waltung) noch bezüglich der wichtigsten Aufgaben der Reprä-
sentationen: Gewinnung eines nationalen Gesammtwillens über
Erhaltung oder Veränderung der Gesetze und über Herbei-
bringung und Verwendung der materiellen Staatsmittel wäre es
unvernünftig und thatsächlich unmöglich, stets die Gesammtheit
der Staatsbürger ın Thätigkeit halten zu wollen. Ein solcher Ap-
parat wäre, abgesehen von vielen anderen Gründen, viel zu schwer-
fällig, um ihn permanent spielen lassen zu können. Er kann,
da die Leute auch noch anderes zu thun haben, naturgemäss nur
periodisch arbeiten, was auch bei den Aufgaben der sog. Legis-