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der Polizei übertragen ist — in dieser Hinsicht als Behörden des Staates
betrachtet werden‘.
Wäre die Krır’sche Ansicht richtig, so müsste man auch die '"T'hätigkeit
des Bürgermeisters oder Gemeindevorstehers als Standesbeamter oder Amts-
anwalt als „Selbstverwaltung“ bezeichnen, eine Consequenz, welche Krın zu
ziehen wohl Bedenken tragen wird.
Gerade alles dasjenige Material, welches Krır in seiner Schrift beibringt,
ist recht geeignet, den Referenten in seiner Ansicht über den Begriff der
Selbstverwaltung zu bestärken; und speciell die Art und Weise, wie man
zu verschiedenen Zeiten die Polizeiverwaltung zu regeln versucht hat, bietet
hierfür ein ausserordentlich lehrreiches Beispiel. So unterscheidet der $ 73
des Entwurfs einer Landgemeindeordnung vom 7. August 1820 (Anlage J
des Keır'schen Buches) in derselben Weise, wie ich dies für die Städteord-
nungen nachgewiesen, ganz scharf zwischen der Thätigkeit des Schulzen
„als Polizeiobrigkeit“ einerseits und als „Gemeindevorsteher“ andererseits ;
und bezüglich der ersteren Function sagt $ 74 ausdrücklich: „In der
ersteren Beziehung ($ 73a) hat er alle Rechte und Pflichten
der Staatsdiener und ist unabhängig von derGemeinde den
Befehlen des Landraths unterworfen.“
In besonders helles Licht wird diese Auffassung gerückt, wenn man
damit diejenigen Bestimmungen vergleicht, welche in dem radicalen Ent-
wurf des Abgeordneten ScHwickERATH und Genossen vom 10. August 1848
nach Kei’s Mittheilung enthalten waren. Damach „war die Gemeinde
autonom;*“ihr stand nicht allein die Verwaltung der Gemeindeangelegen-
heiten, sondern auch die Ortspolizei als communales, nichtalsein
vom Staate delegirtes Recht zu“. Auch sonst hebt KrıL wieder-
holt den Umstand hervor, ob die einzelnen Gesetze oder Gesetzentwürfe die
Ortspolizei den Gemeinden „kraft eigenen Rechts“ (z. B. 8. 169) oder ver-
möge „Delegation“ übertragen (z. B. S. 175, 198).
Ist sonach schon nach dem Vorbemerkten die Keır’sche Definition des
Begriffes „Selbstverwaltung“ nicht haltbar, so scheitert dieselbe auch daran,
dass nach ihr die allgemein als „Selbstverwaltung“ charakterisirte Thätig-
keit des Bezirksausschusses aus dem Gebiete derselben gänzlich ausscheiden
müsste, weil der Bezirksausschuss als ein „communales Organ“ zweifellos
nicht bezeichnet werden kann.
Bochum. Neukamp.
Ernest Lehr, Code de commerce portugais de 1888 traduit et
annote. Paris, Imprimerie Nationale 1889.
Jules Lacointa, Code penal d’Italie (30. Juin 1889). Traduit, annott
et pr&ecede d’une Introduction. Paris, Imprimerie Nationale 1890.
Die Sammlung und Sichtung des positiven Rechtsstoffes steht in Frank-
reich unter dem unmittelbaren fördernden Einflusse des Justizministeriums,