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Dem Buche ist eine gute Stelle in unserer an Biographien so armen
Fachliteratur gesichert, denn das in ihm fesselnd geschilderte Leben Kirchen-
pauers ist Schritt für Schritt mit der Rechts- und Staatsentwicklung Deutsch-
lands aufs innigste verflochten. Das Persönliche ist es aber was überall das
Interesse wachruft und erhellt. So wird, um aus dem Inhalte des Buches
unter hunderten ein Beispiel herauszunehmen, kein Leser an den geschilderten
ersten naiven Gehversuchen zum grossen Ziele der deutschen Reichskriegs-
marine ohne innere Bewegung vorübergehen, zugleich wird sich aber auch
jeder darüber klar werden, warum sich die Entwicklung der deutschen See-
kriegsmacht abseits von unserer grössten des Waffenhandwerks entwöhnt
gewesenen alten Hansestadt vollziehen musste. Die Stellung der Hanse-
städte zur Frage der Bundesreform gewinnt neue Lichter und die wirth-
schaftsgeschichtliche Bedeutung des Zollanschlusses für Hamburg selbst wird
uns hier von mancher neuen Seite offenbar. Aber von allem lehrreichen
Detail abgesehen greift die Lektüre des Buches wiederholt in jene Tiefen
unseres Gemüthslebens ein, in die sonst bei unserer streng fachlichen Arbeit
kaum je der sonnige Lichtstrahl des rein Menschlichen fällt.
Stoerk.
I. Graf von Pfeil-Burghauss. Das Wesen des modernen Constitu-
tionalismus und seine Consequenzen. 3. Aufl. Breslau 1890.
Josef Max & Comp. 8. S. 140. M. 2.
Die alte aber nicht veraltete Schrift geht den Grundlagen unserer
modernen Staatsordnung scharf zu Leibe wie vor vier Decennien. Das —
wie wir gerne zugeben, sorgfältig motivirte, abfällige Urtheil hat sich zu
keiner Concession bequemt an das Verfassungsrecht unserer Tage, nicht
einmal zu der, dass das Grosse, das der Verf. miterlebt und miterstritten
hat, durch jene Staatsordnung zum mindesten nicht verhindert wurde. Ver-
ändert hat sich die Sachlage in der literarischen Bewerthung der Schrift
nur insoferne, als seit dem Erscheinen der ersten Ausgabe die Zahl jener
gewachsen, die mit dem Verf. die Mängel der bestehenden Einrichtungen
erkennen, die Zahl jener aber beträchtlich gesunken ist, die mit ihm die
feste Ueberzeugung von der Heilkraft des vorgeschlagenen Gegenmittels
theilen. St.