— 1716 —
Dieses Recht erhielt sich auch in den Staaten, in welchen
die patrimoniale Auffassung der landesherrlichen Rechte der poli-
tischen oder organischen Platz gemacht hatte; ein Uebergang,
der in allen grösseren deutschen Staaten schon im Laufe des
18. Jahrhunderts sich vollzog. Der Liandesherr war in keiner
Weise beschränkt, aus öffentlichen Mitteln Freigebigkeiten aller
Art vorzunehmen und dem Fiskus geschuldete Leistungen aller
Art zu erlassen. Auf welchem Rechtsgrunde die Leistungspflicht
beruhte, war dabei völlig gleichgültig; es machte keinen Unter-
schied, ob der Anspruch auf einem privatrechtlichen Rechtsgrunde
oder einer öffentlichen Unterthanenpflicht beruhte. Der Landes-
herr konnte daher auch (direkte und indirekte) Abgaben und
Steuern erlassen; denn es erschien dies als ein Verzicht auf ihm
zustehende Forderungen.
Diese Grundsätze galten unbezweifelt auch in der preussi-
schen Monarchie. Sie waren so selbstverständlich, dass sie einer
ausdrücklichen gesetzlichen Anerkennung nicht bedurften. Doch
liegen sie den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts
zu Grunde.
Th. II Tit. 13 des Allgem. Landr. handelt von den Rechten
und Pflichten des Staates und 8 4 spricht den Grundsatz aus,
dass dem Oberhaupt im Staate alle Vorzüge und Rechte ge-
bühren, welche zur Erreichung der staatlichen Endzwecke erforder-
lich sind. Hinsichtlich der finanziellen Rechte bestimmt in Ueber-
einstimmung hiermit & 14 eod.: „Damit das Oberhaupt des
Staates die ihm obliegenden Pflichten erfüllen und die dazu
erforderlichen Kosten bestreiten könne, sind ihm gewisse Ein-
künfte und nutzbare Rechte beigelegt.“ Tit. 14 8 7 wird das
Recht des Königs zur Ertheilung von Steuerbefreiungen nur in
der Richtung beschränkt, dass durch dieselben „die übrigen Mit-
glieder derselben Klasse nicht mit höheren Lasten beschwert
werden sollen“, eine nothwendige Folge des Grundsatzes, dass
(inadenakte nicht auf Kosten Dritter erfolgen sollen. Alle In-