Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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geregelter Verwaltungsakt ist, der nicht wie alle anderen Ver- 
waltungsbefehle ein Befehl intra legem oder secundum legem, 
sondern ein Befehl contra legem ist. Der Gnadenakt ist eine 
Aeusserung eines jus eminens des Staates, welches weder durch 
Gesetz noch Richterspruch gebunden ist, ein Veto gegen den Lauf 
von Gesetz und Recht, ein staatlicher Akt, bei welchem die 
Trennung der staatlichen Funktionen in Gesetzgebung, Gerichts- 
barkeit und Verwaltung verschwindet und der deshalb unmittelbar 
aus dem Centralpunkt der staatlichen Gewalt hervorgeht. Hier- 
nach ist die Begnadigung eine von der (sesetzgebung und Rechts- 
pflege verschiedene und auf einem selbständigen Grunde 
beruhende Staatsfunktion und eben weil das Begnadigungsrecht 
eine durch die Straf- und Prozessgesetze nicht gebundene Staats- 
funktion ist, ist sie von der reichgesetzlichen Regelung des Straf- 
rechts und Strafprozesses unberührt geblieben. 
Dies ist auch zutreffend für den gnadenweisen Erlass von 
finanziellen, dem Staate geschuldeten Leistungen. Auch in dieser 
Anwendung ist die Begnadigung kein Akt der Gesetzgebung, 
keine lex specialis; sie ändert in keiner Beziehung das objektive 
Recht, sondern sie betrifit lediglich ein subjektives Recht des 
Staates, welches ihm auf Grund der Gesetze erwachsen ist und 
über welches — zwar nicht die Behörden nach eigenem Ermessen — 
wohl aber der Monarch die Verfügungsgewalt hat. Der Gnaden- 
erlass ist ein Regierungsakt, der durch die Regeln über 
die Gesetzgebung nicht betroffen wird und der ebensowenig 
den Grundsätzen unterliegt, durch welche das Verhältniss der regel- 
mässigen Verwaltung und der Rechtsprechung zur Gesetzgebung 
bestimmt wird, sondern der seine eigene Sphäre für sich hat. Der 
konstitutionelle Monarch kann daher allerdings keine eigenmäch- 
tige Anordnung treffen, durch welche er ein Steuergesetz für eine 
bestimmte Person oder einzelne Fälle aufhebt; er kann ebenso- 
wenig den Gerichten befehlen, mit Verletzung eines Gesetzes zu 
entscheiden; er kann die Verwaltungsbehörden nicht anweisen,
	        
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