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geregelter Verwaltungsakt ist, der nicht wie alle anderen Ver-
waltungsbefehle ein Befehl intra legem oder secundum legem,
sondern ein Befehl contra legem ist. Der Gnadenakt ist eine
Aeusserung eines jus eminens des Staates, welches weder durch
Gesetz noch Richterspruch gebunden ist, ein Veto gegen den Lauf
von Gesetz und Recht, ein staatlicher Akt, bei welchem die
Trennung der staatlichen Funktionen in Gesetzgebung, Gerichts-
barkeit und Verwaltung verschwindet und der deshalb unmittelbar
aus dem Centralpunkt der staatlichen Gewalt hervorgeht. Hier-
nach ist die Begnadigung eine von der (sesetzgebung und Rechts-
pflege verschiedene und auf einem selbständigen Grunde
beruhende Staatsfunktion und eben weil das Begnadigungsrecht
eine durch die Straf- und Prozessgesetze nicht gebundene Staats-
funktion ist, ist sie von der reichgesetzlichen Regelung des Straf-
rechts und Strafprozesses unberührt geblieben.
Dies ist auch zutreffend für den gnadenweisen Erlass von
finanziellen, dem Staate geschuldeten Leistungen. Auch in dieser
Anwendung ist die Begnadigung kein Akt der Gesetzgebung,
keine lex specialis; sie ändert in keiner Beziehung das objektive
Recht, sondern sie betrifit lediglich ein subjektives Recht des
Staates, welches ihm auf Grund der Gesetze erwachsen ist und
über welches — zwar nicht die Behörden nach eigenem Ermessen —
wohl aber der Monarch die Verfügungsgewalt hat. Der Gnaden-
erlass ist ein Regierungsakt, der durch die Regeln über
die Gesetzgebung nicht betroffen wird und der ebensowenig
den Grundsätzen unterliegt, durch welche das Verhältniss der regel-
mässigen Verwaltung und der Rechtsprechung zur Gesetzgebung
bestimmt wird, sondern der seine eigene Sphäre für sich hat. Der
konstitutionelle Monarch kann daher allerdings keine eigenmäch-
tige Anordnung treffen, durch welche er ein Steuergesetz für eine
bestimmte Person oder einzelne Fälle aufhebt; er kann ebenso-
wenig den Gerichten befehlen, mit Verletzung eines Gesetzes zu
entscheiden; er kann die Verwaltungsbehörden nicht anweisen,