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Auch besagt jene Gegenüberstellung keineswegs, dass das Liehramt
das einzige kirchliche Amt überhaupt, sondern nur, dass es allein
gleich der weltlichen Obrigkeit unmittelbar von Gott verordnetes Amt
sei, wozu auch allein die in den ersten Jahrzehnten der Reformations-
zeit festgehaltene Absicht stimmt, den Bischöfen ihr Regiment
zu lassen, wenn sie nur die reine Predigt des Evangeliums ge-
statteten. Dieselbe Unterscheidung tritt, wenngleich nicht immer
klar bewusst, in den verschiedenartigsten Versuchen, das Recht
des Landesherrn in kirchlichen Dingen zu begründen, hervor; so
in der Lehre von der Obrigkeit als dem praecipuum membrum
ecclesiae und von der Pflicht derselben, wie jedes andere
Kirchenglied seine besondere Gabe, in diesem Fall die obrigkeitliche
Macht in den Dienst der kirchlichen Gemeinschaft zu stellen; so
in der Auffassung des Landesherrn als Nothbischöfe (LUTHER
1542), in der Lehre von der Devolution der bischöf-
lichen Gewalt auf die Landesherrn, von den drei Ständen,
von der custodia utriusque tabulae; so in dem diese Einzel-
momente vereinigenden Episkopalsystem und vor Allem in der
darin enthaltenen grundsätzlichen Forderung, dass die materielle
Entscheidung in kirchlichen Dingen, soweit sie nicht rein äusser-
licher Art sind, durch spezifisch kirchliche Organe —
die Konsistorien — zu erfolgen habe. Ja, diese grundsätzliche
Unterscheidung hat sogar eine offizielle Anerkennung für das
ganze deutsche Reich im Westfälischen Frieden gefunden, welcher
nicht nur regelmässig — in Uebereinstimmung mit der ganzen
Literatur des Zeitalters — von einem „jus territoriale tam in
politicis quamin ecclesiasticis“ spricht, sondern auch
im Art. V, $ 31 IP.O. ausdrücklich denjenigen Landsassen,
Vasallen und sonstigen Unterthanen katholischer Reichsstände, die
im sog. Normaljahre 1624 „sive publicum sive privatum Aug.
Confess. exercitium... sive certo pacto aut privilegio
sive longo usu sive sola denique observantia dicti anni“ gehabt
haben, den Fortbesitz dieses Exercitium’s „una cum annexis“ garan-