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„Das Prinzip der leitenden Kreise“ und „Das Prinzip der selb-
ständigen Existenzen* tragen. Die Inhaltsübersicht stellt unter
diesen Titeln die einzelnen in der Schrift berührten Begriffe und
Fragen kurz zusammen und skizzirt dadurch einigermassen den
Gedankengang des Verfassers.
Dieser Gedankengang wird sich aus der folgenden Darstellung
ergeben, in welche sogleich auch je mein Bedenken gegen den
HEILINGER’schen Standpunkt eingeschaltet werden sollen.
HEILINGER beginnt mit dem Satze: „Der Begriff des Rechtes
steht und fällt mit dem Begriffe der Gesellschaft.“ Letztere wird
definirt als „die Organisation der Mitmenschen zum Zweck der
gegenseitigen Sicherung im Grenusse der menschlichen Güter“.
Der Schutz der Gesellschaft mache Thatsachen zu Rechten. Die
(resellschaft bestehe aus viererlei Elementen: den leitenden, ge-
horchenden, passiven und widerstrebenden Elementen. Diese
Eintheilung nennt H. das „Prinzip der leitenden Kreise“. „Die
leitenden Elemente der Gesellschaft sind diejenigen, welche der
Gesellschaft die Bestimmung geben, ihr Schicksal machen“ : im
modernen Staate „die organische Verbindung von Behörde und
gesetzgebender Gewalt“.
Subjektives Recht wird demnach definirt als „der der ein-
zelnen physischen oder juristischen Person zukommende Antheil
an der Macht der leitenden Kreise der Gesellschaft und an
den Gütern, die durch die Gesellschaft, beziehungsweise durch
deren leitende Kreise geschützt werden“. Daher könne man
nicht sagen, Recht gehe vor Macht oder Macht vor Recht, viel-
mehr sei Recht Macht und zwar gesellschaftliche Macht.
Ein Recht ohne Staat, d. ı. „die sesshafte Gesellschaft“, ist
nach H. wohl denkbar; „im Staate können neben dem Staate
auch andere Faktoren durch eigene Kraft bestehende Rechtsquellen
sein“. Eine andere Frage aber ist es nach H., „ob bei der Aus-
bildung der Staatsidee, wie sie derzeit vorhanden ist, neben dem
staatlichen Rechte noch ein anderes Recht angenommen wird“.