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dern der Grund, warum der Imperativ entsteht, und dieser Grund
eben die Anschauung über das menschliche Verhalten“ sei.
Hierüber habe ich mich im Obigen schon geäussert. AFFOLTER
hat insofern Recht, als der Mensch als vernunftbegabtes Wesen
u einem Imperativ kaum kommen würde, wenn er nicht vorher
die Anschauung gewonnen hätte, die Erlassung dieses Befehls sei
nöthig oder wünschenswerth, um das Verhalten der Menschen zu
einander zu regeln. Aber dies ändert doch kaum die Natur
dessen, was, wie auch AFFOLTER nicht in Abrede stellt, aus
Imperativen besteht. Auch für den Begriff des Tisches oder
Hauses ist doch der Grund, warum ich den Tisch oder das Haus
herstelle, gleichgiltig: und doch beruht gewiss auch die Ent-
stehung des Tisches oder Hauses auf einem „seelischen Vorgang“.
Alles menschliche Handeln hat ein Motiv, das Produkt dieses
Handelns aber schöpft sein Wesen nicht aus dem Motiv des
Handelns, wenn auch vielleicht seine materielle Gestaltung, die
nähere Beschaffenheit seines Inhaltes u. s. w. durch jenes Motiv
beeinflusst wird.
S. 20 gibt AFFOLTER zu, dass das Recht „dem Rechtsgefühle
und damit auch der Moral“ widersprechen könne. Ob zwar dieser
Umstand die Irrigkeit seines prinzipiellen Standpunktes eclatant
darthut, geht er darüber ziemlich kurz hinweg, ohne eine genügende
Erklärung jener Widerspruchsmöglichkeit zu geben.
Konsequent, aber darum nicht minder unrichtig ist es, wenn
AFFOLTER S. 21 sagt, jedes geltende Recht sei zuerst nicht gelten-
des Recht gewesen. Ich behaupte, und glaube, gegründeten Wider-
spruch bei der Behauptung nicht befürchten zu müssen, dass ein
Recht als bestehendes, also weder der Vergangenheit noch der
Zukunft angehöriges, die Geltung begrifflich voraussetzt. Richtig
ist es freilich, wenn AFFOLTER a. a. O. meint, dadurch, dass das
Recht Geltung erhalte, trete zu seinem Inhalte nichts hinzu.
Aber nicht richtig ist es, dass die Geltung nur eine bloss äusser-
liche Eigenschaft des Rechts sei, wie AFFOLTER ibid. behauptet.