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Vollkommen stimme ich dagegen ArFOLTER bei, wenn er
(S. 24) sagt: „Der letzte Grund des Gehorsams und damit der
Geltung des Rechts liegt in der Macht.“ Wenn er ferner (S. 26)
ausdrücklich bemerkt, die Geltung und nicht das Recht selbst
sei etwas, was von der Macht herkommt, so ist auch diese Be-
merkung richtig, aber m. E. ganz gegenstandslos, weil zum Be-
griff des Rechts die Geltung gehört und eben desshalb die
Schaffung des Rechts eine Macht voraussetzt. Im Uebrigen sind
die Ausführungen AFFOLTER’s an dieser Stelle (S. 24ff.) über-
haupt fast durchaus zu billigen. Nur wiederholt sich auch hier
(S. 26) der irrige Gedanke, dass die Geltung erst durch die that-
sächliche Anwendung des als geltend Erklärten eintrete.
Auf die Behauptung ArroLter’s (S. 30), die Geltung von
Recht könne nicht lediglich vom Staate begründet werden, brauche
ich um so weniger einzugehen, als er selbst sofort zugibt, nicht-
staatliches Recht habe keine vollkommene Geltung.
Da m. E. die Geltung zum Begriff des Rechts gehört, die
Geltung aber nur entweder ganz oder gar nicht, und nicht etwa
in mehr oder minder vollkommener Weise vorhanden sein kann,
so finde ich in dieser Beziehung eine eigentliche Verschiedenheit
zwischen meiner Ansicht und der ArFFOLTER’s nicht gegeben.
Dagegen mit der Auffassung, welche AFFOLTER (8. 31) über
„das Sollen“ kund gibt, kann ich mich nicht recht befreunden.
Es soll „Ausfluss der Anschauung“, und weiter ein Zustand,
eine Eigenschaft sein. Ganz das Nämliche behauptet AFFOLTER
(S. 36) vom „Dürfen“. Auf keinen Fall ist „Sollen“ und „Dürfen“
ein Zustand; den „Ausfluss der Anschauung“ will ich auf Grund
des früher Gesagten lieber ganz bei Seite lassen. Aber auch
eine Eigenschaft im gewöhnlichen Sinne liegt nicht vor. Denn
„Sollen“ und „Dürfen“ deuten beide auf ein Zukünftiges, sie ent-
halten in sich gleichsam die Aussicht auf ein kommendes Thun oder
Verhalten. Das Sollen enthält eine Beschränkung des Sollenden
in seiner Freiheit, das Dürfen eine Befähigung, eine facultas.
Archiv für öffentliches Recht. VII. 2. 17