Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Wirksamkeit von besonderen Vorschriften, welche bezüglich der 
Schifffahrt in Häfen, auf Flüssen oder in Binnengewässern von 
den zuständigen örtlichen Behörden erlassen worden sind, nicht 
beeinträchtigt werden solle. Für den Verkehr auf hoher See 
dürfen also die deutschen Einzelstaaten keine von der kaiserlichen 
Verordnung abweichenden Grundsätze aufstellen. Nur für Häfen, 
Flüsse und Binnengewässer hat die Berücksichtigung besonderer 
örtlicher Verhältnisse ermöglicht werden sollen. Ob diese eine 
Abweichung von dem Reichsrechte als zweckmässig erscheinen 
lassen oder nicht, hat der Einzelne nicht zu prüfen; er darf einen 
etwaigen Ungehorsam gegen die örtlichen Bestimmungen nicht 
durch Berufung auf jenes als gesetzmässiges Verhalten entschul- 
digen. Noch weniger ist es gestattet, von dem sonst Anwendung 
findenden Grundsatze auszugehen, dass eine von der Reichsgesetz- 
gebung behandelte Materie von der Landesgesetzgebung auch 
nicht durch ergänzende Vorschriften zum Gegenstande ihrer Wirk- 
samkeit gemacht werden dürfe, dass also Schiffe in Häfen u. s. w. 
nur die Bestimmungen der kaiserlichen Verordnung zu beachten 
hätten. Vielmehr kommt neben derselben stets noch das Orts- 
recht in vollem Umfange zur Anwendung. Diese letztere Folge- 
rung aus Art. 25 ist wohl sogar die praktisch bedeutungsvollere. 
Denn dass eine Hafenpolizeiordnung sich mit dem internationalen 
Seestrassenrechte in Widerspruch setzt, dürfte kaum vorkommen; 
in den gedruckten Entscheidungen der Seeämter findet sich jeden- 
falls kein Beispiel dafür, obwohl häufiger auf örtliche Polizei- 
verordnungen Bezug genommen wird. Abweichungen derselben 
von den allgemeinen Grundsätzen wären auch höchst unzweckmässig. 
Denn wenn auch die Nichtkenntniss der lokalen Bestimmungen 
deren Uebertretungen nicht straflos macht, so kommt es doch 
weniger hierauf an, als auf möglichste Verhütung von Zusammen- 
stössen von Schiffen. Bei fremden Schiffern darf man aber nicht 
immer thatsächliche Bekanntschaft mit dem Ortsrechte voraus- 
setzen, vielmehr werden diese sich am wahrscheinlichsten nach
	        
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