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den internationalen Regeln richten und so beim Zusammentreffen
mit einheimischen Fahrzeugen leicht einen Unfall herbeiführen,
wo sie ihn gerade zu vermeiden bestrebt sind. Desshalb beschrän-
ken sich die Hafenordnungen u. s. w. mit Recht auf Ergänzungen
der allgemein geltenden Grundsätze durch Bestimmungen über
Lootsenwesen, Anlegen der Schiffe u. s. w. Bei der grossen Ver-
schiedenheit, welche derartige Verordnungen mit Rücksicht auf
die örtlichen Verhältnisse aufweisen, können sie im folgenden nicht
in den Kreis unserer Betrachtungen gezogen werden.
Ausser der schon genannten Verordnung vom 7. Jan. 1880
sind als Quellen des Seestrassenrechtes noch zu erwähnen die Ver-
ordnung vom 15. August 1876 über das Verhalten der Schiffer
nach einem Zusammenstoss von Schiffen auf See und die Noth-
und Lootsensignalordnung für Schiffe auf See und auf den Küsten-
gewässern vom 14. August 1876°?). Die letztere schreibt die-
jenigen Signale vor, welche anzuwenden sind, um anzudeuten, dass
die signalisirenden Schiffe in Noth oder Gefahr sind, oder dass
auf ihnen Lootsen verlangt werden, und verbietet zugleich, sich
dieser Signale zu anderen Zwecken zu bedienen und andere Signale
als Loootsensignale zu benutzen. Der Gebrauch der gesetzlich
festgestellten Zeichen liegt auch im eigenen Interesse der bethei-
ligten Schiffer, da sie bei willkürlich gewählten Signalen nicht
darauf rechnen können, verstanden zu werden und die gewünschte
Hülfe zu erlangen. Im Uebrigen besteht jedoch ein Unterschied.
Der Führer eines Schiffes, welcher z. B. durch einen Knoten in
der Flagge einem begegnenden Fahrzeuge erkennbar zu machen
sucht, dass er sich in Seenoth befinde, ist nicht strafbar, obwohl
die Verordnung vom 14. August 1876 dieses Zeichen nicht unter
den Nothsignalen aufführt. Die Verwendung eines der vorgeschrie-
benen Signale wird ja auch oft durch die Lage des gefährdeten
Schiffes unmöglich gemacht, und man wird alsdann zu irgend einem
2) Die Seegesetzgebung des deutschen Reiches S. 260 und 328ff.