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anstatt eines weissen Lichtes zwei helle weisse Lichter von der-
selben Einrichtung und Lichtstärke senkrecht über einander,
nicht weniger als 1 Meter von einander entfernt, führen soll
(Art. 4). Das Dampfschiff, welches geschleppt wird, muss, wie
bereits erwähnt, die gewöhnlichen Lichter zeigen. Zwar scheint
die Ausdrucksweise der Art. 3 u. 6, von welcher letzterer „ein
Segelschiff, welches in Fahrt ist oder geschleppt wird“, erwähnt,
während ersterer nur von einem Dampfschiff, „wenn es in Fahrt
ist“, spricht, darauf hinzudeuten, dass Art. 3 auf geschleppte
Dampfer keine Anwendung fände. Allein dies hat der Gesetz-
geber sicherlich nicht sagen wollen, da es sonst an einer An-
ordnung über die Lichterführung in Schlepptau befindlicher Dampf-
schiffe fehlen würde, während doch kein Grund ersichtlich ist,
wesshalb sie von der gewöhnlichen Verpflichtung befreit sein sollten.
Uebrigens wird ein Dampfer sich nicht leicht von einem anderen
Schiffe schleppen lassen, wenn es nicht in Folge eines Unfalles
manövrirunfähig ist; und alsdann ist die Bestimmung des Art. 5
zu befolgen. Ebenso wird es sich nur selten ereignen, dass ein
Segelschiff als Schlepper in Thätigkeit tritt; besondere Vor-
schriften für diesen Fall zu erlassen, lag daher kein Be-
dürfniss vor, und zwar um so weniger, als die späterhin zu
besprechenden Anordnungen über das Ausweichen der Schiffe
hier die Gefahr einer Kollision als eine ziemlich entfernte er-
scheinen lässt.
Wie ist zu verfahren, wenn ein Schiff nicht in Folge eines
Unfalles, sondern aus einem anderen Grunde, z. B. weil es wegen
dichten Nebels seine Fahrt eingestellt hat, ohne vor Anker zu
gehen, manövrirunfähig ist? Hat hier insbesondere die Vor-
schrift des Art. 5 entsprechende Anwendung zu finden? Für die
Bejahung der Frage liesse sich anführen, dass, wie wir schon
gesehen haben, auf den Wortlaut des Gesetzes nicht immer ent-
scheidendes Gewicht zu legen ist, sich vielmehr in manchen Fällen
eine ausdehnende Interpretation vernothwendigt. Dennoch wird