—_— 277 —
möglich; entweder nämlich fahren sie eines in der Kiellinie des
anderen oder ihre Kurse schneiden sich oder verlaufen ungefähr
parallel zu einander, so dass die Fahrzeuge frei von einander pas-
siren können. Es könnte nun scheinen, als ob in diesem letzteren
Falle und ebenso auch möglicherweise, wenn die Kurslinien sich
schneiden, der Führer des voranfahrenden Schiffes der Beobachtung
der Vorschrift des Art. 11 überhoben wäre, weil keine Gefahr
eines Zusammenstosses vorliege. Aber demgegenüber ist zu er-
wägen, dass das von hinten aufkommende Schiff vielleicht seinen
Kurs ändert und so, weil es das vor ihm fahrende nicht bemerkt,
die Gefahr eines Zusammenstosses herbeiführt. Desshalb muss
Art. 11 in allen Fällen des Ueberholens als anwendbar angesehen
werden '?).
II. Schallsignale bei Nebel u. s. w.
Bei Nebel, dickem Wetter oder Schneefall erweist sich die
Befolgung der Vorschriften über die Lichterfübrung als unzu-
reichend, da bei solchem Wetter der Schein des Lichtes nur auf
kurze Entfernungen gesehen werden kann und also seinen Zweck,
Zusammenstösse von Schiffen zu verhüten, nur sehr unvollkommen
zu erfüllen vermag. Desshalb ist durch Art. 12 für die Zeit,
wo Nebel u. s. w. besteht, und zwar gleichviel, ob es Tag oder
Nacht ist, der Gebrauch von Schallsignalen angeordnet, und
jedes Schiff muss mit den zu ihrer Erzeugung erforderlichen
Vorrichtungen versehen sein. Dieselben sollen bei einem Dampf-
schiffe bestehen in einer Dampfpfeife oder einem anderen kräftig
tönenden Dampfsignalapparat, welche so angebracht sind, dass
ihr Schall durch keinerlei Hinderniss gehemmt wird, ferner in
einem wirksamen Nebelhorn, welches durch einen Blasebalg oder
durch eine andere mechanische Vorrichtung geblasen wird, sowie
in einer kräftig tönenden Glocke. Ein Segelschiff muss mit einem
ähnlichen Nebelhorn und mit einer ähnlichen Glocke versehen
13) Eintscheid. d. Ober-Seeamts VI, N. 56.