Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

— 16 — 
Anfang des 19. Jahrhunderts auch die reformirten Einwohner am 
Gebrauche der Kirche betheiligt sind, ohne dass ersichtlich wäre, 
seit wann dieses Verhältniss eingetreten wäre“, so beweist das 
einmal die Möglichkeit der Neuentstehung von Simultaneen und 
andersmal gerade durch Zeitablauf. Denn obwohl es häufig 
zu Misshelligkeiten zwischen den Lutheranern und Reformirten 
gekommen ist, und auch die Regierung durch Verfügungen ein- 
gegriffen hat, so ist doch niemals an der Berechtigung gezweifelt 
worden, bis 1822 durch die Union diese Schwierigkeiten von selbst 
fortgefallen sind. 
Auch in dem im Archiv f.k.K.R. 40, 281 ff. mitgetheilten 
Rechtsfalle wurde das behauptete Gebrauchsrecht auf unvordenk- 
lichen Besitzstand gegründet. Zwei Instanzen entschieden, dass 
der unvordenkliche Besitzstand den Ersatz für den unerweislichen, 
in Vergessenheit oder in Verlust gerathenen Rechtstitel bilden 
könne. Ebenso wurde in dem Archiv £f. k. K.R. 25, 1 ff. dar- 
gestellten Falle die Klage auf 30jährigen ruhigen Öffentlichen 
und ununterbrochenen Besitz gestützt. 
Wenn man der Sache auf den Grund geht, so sind überhaupt 
die meisten bestehenden Simultaneen lediglich auf den Rechts- 
titel des langdauernden Besitzes zu fundiren. Alle andern Rechts- 
titel verstossen zumeist gegen J.P.O. und sind darum nichtig ?°). 
Die Ansicht der hessischen Gerichte in den erwähnten Fällen 
ıst daher zu billigen, es sei denn, dass ein ausdrückliches Ver- 
botsgesetz im Wege stände. 
Unter derselben Voraussetzung wäre also auch noch heute 
eine Neubildung von Simultaneen zum mindesten Joch theo- 
retisch denkbar. Nehmen wir z. B. an: Es wird Anfangs die 
Kirche gelegentlich auf Bitten eingeräumt. Hieraus erwächst 
eine Uebung. Es wird die Bitte nicht mehr wiederholt. Die Beweise 
für den Ursprung des Gebrauchs gehen verloren, die Urkunden ver- 
brennen, die Zeugen sterben. So ist das Recht erwachsen, wenn 
45) Vgl. S. 15. Anm. 43 und 44.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.