— 285 —
gehen dürfe, wenn das Feuer jenes Schiffes sich mindestens 4 Strich
in Lee befindet '®).
Von der Verpflichtung zum Ausweichen leitet das Seeamt zu
Emden !?) für das betreffende Segelschiff die Verbindlichkeit ab,
alle diejenigen Massregeln zu treffen, welche erforderlich sind,
um das Fahrzeug in manövirfähigen Zustand zu bringen, ins-
besondere durch Setzen der nöthigen Segel. Dieser Folgerung
wird man auch im allgemeinen beistimmen müssen, nur ist zu
beachten, dass der Schiffer zunächst für die Sicherheit des eigenen
Fahrzeuges zu sorgen hat und berechtigt sein muss, alles zu thun,
was in dessen Interesse nothwendig ist, also auch Segel weg-
zunehmen, wenn ihm sonst durch die Gewalt des Sturmes Ge-
fahr droht.
2. Begegnen sich zwei Dampfschiffe, so ist zu unter-
scheiden, ob sie in entgegengesetzter Richtung sich einander
nähern, oder ob ihre Kurse sich kreuzen. Der erstere Fall liegt
nach der ausdrücklichen Erklärung des Gesetzes nur dann vor,
wenn bei Tage jedes der beiden Schiffe die Masten des anderen
mit den seinigen in einer Linie oder nahezu in einer Linie sieht,
und wenn bei Nacht jedes der beiden Schiffe in solcher Stellung
sich befindet, dass beide Seitenlichter des anderen Schiffes zu
sehen sind (Art. 15 Abs. 2 und 3). In allen anderen Fällen
gelten die Kurse der Schiffe als sich kreuzend, insbesondere also,
wenn bei Nacht das rothe Licht des einen Schiffes dem rothen
des anderen oder das grüne Licht des einen Schiffes dem
grünen des anderen gegenübersteht, oder wenn ein rothes Licht
ohne ein grünes oder ein grünes Licht ohne ein rothes voraus in
Sicht ist, oder wenn beide farbigen Seitenlichter anderswo als
voraus in Sicht sind (Art. 16 und 15 Abs. 4).
Fahren die beiden Dampfschiffe in entgegengesetzter Rich-
18) Eintscheid. d. Ober-Seeamts VII, N. 59, vgl. auch ebenda IV, N. 35.
19) Ebenda II, N. 114. Dieser Gesichtspunkt ist nicht berücksichtigt in
III, N. 92.