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tung, so haben sie beide ihren Kurs beizubehalten, falls sie auf
diese Weise frei von einander passiren, falls also ihre Kurse in
ausreichender Entfernung parallel zu einander verlaufen. Liegt
dagegen die Gefahr eines Zusammenstosses vor, so muss jedes
Schiff seinen Kurs nach Steuerbord ändern, damit sie einander
an Backbordseite passiren (Art. 15).
Kreuzen sich dagegen ihre Kurse, so muss dasjenige Dampf-
schiff aus dem Wege gehen, welches das andere an seiner Steuer-
bordseite hat (Art. 16).
3. Begegnen sich ein Dampfschiff und ein Segelschiff,
so muss das Dampfschiff dem Segelschiffe aus dem Wege gehen.
In welcher Weise das Ausweichen bewerkstelligt werden müsse,
ist im Gesetz nicht bestimmt für den Fall, dass zwei Dampf-
schiffe gegenseitig ihre Kurse kreuzen oder ein Dampfer und ein
Segler sich begegnen; nur wenn der Fall des Art. 15 vorliegt,
müssen beide nach rechts ausweichen. Es ist aber bereits bemerkt
worden, dass es im Zweifel als sicherer gilt, hinter dem anderen
Schiffe herumzugehen. — Zu beachten ist für die Anwendung
des Art. 17 übrigens noch der schon früher erörterte Grundsatz,
dass ein sog. Schleppzug, d. h. ein Dampfer, welcher ein anderes
Dampfschiff oder ein Segelschiff oder Prähme u. dgl. schleppt,
für die Vorschriften über das Ausweichen der Schiffe als eine
Einheit anzusehen ist, weil nach der Natur der Sache seine ein-
zelnen Bestandtheile nicht verschiedenen Bestimmungen folgen
können. Massgebend muss vielmehr die Beschaffenheit desjenigen
Fahrzeuges sein, von welchem die Bewegung des Schleppzuges aus-
geht und geleitet wird. Folglich hat das zu ihm gehörende Segel-
schiff bei der Begegnung mit einem anderen Segelschiffe nicht
nach Art. 14 zu verfahren (dessen Voraussetzungen auch gar nicht
als gegeben anerkannt werden können), sondern der ganze Schlepp-
zug ist, wenn er von einem Dampfer geführt wird, nach Art. 17
zum Ausweichen verpflichtet?°). Ebenso müssen, wenn ausnahms-
2°) Entscheid. d. Ober-Seeamts I, N. 59, VII, N. 124.