Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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schriften ein Schiff oder den Rheder, den Führer oder die Mann- 
schaft desselben von den Folgen einer Versäumniss im Gebrauche 
von Lichtern oder Signalen und im Halten eines gehörigen Aus- 
gucks oder überhaupt von den Folgen der Versäumniss irgend 
einer Vorsichtsmassregel befreien soll, welche durch die gewöhn- 
liche seemännische Praxis oder durch die besonderen Umstände 
des Falles geboten wird. Die Verordnung erhebt also alle die- 
jenigen Grundsätze, deren Beobachtung nach seemännischer Er- 
fahrung Zusammenstösse von Schiffen zu verhindern vermag und 
desshalb in der dem Schiffer u. s. w. obliegenden Verpflichtung, 
bei seinen Dienstverrichtungen die Sorgfalt eines ordentlichen 
Schiffers anzuwenden, enthalten ist, zu Rechtsvorschriften. Ausser 
dem Gebrauch von Lichtern und Signalen erwähnt sie in dieser 
Beziehung ausdrücklich das Halten eines gehörigen Ausgucks *°), 
verlangt also nicht nur, dass ein solcher vorhanden sei, sondern 
auch dass die Massregel in einer zweckentsprechenden Weise 
ausgeführt werde. Im Uebrigen macht nicht schon jede Ver- 
säumung irgend einer Vorsichtsmassregel, durch welche der Zu- 
sammenstoss verhindert wäre, den Schiffer haftbar, sondern es ist 
erforderlich, dass das unterlassene Verhalten entweder durch die 
gewöhnliche seemännische Praxis oder durch die besonderen Um- 
stände des Falles geboten gewesen wäre. Zu ersterem genügt 
nicht schon, dass das verabsäumte Mittel bei verständiger Ueber- 
legung als angemessen anerkannt werden muss und auch von 
Einzelnen thatsächlich angewendet wird, sondern muss regelmässig 
verwendet werden, sodass von einer seemännischen Praxis die 
Rede sein kann, und sogar so häufig, dass diese Uebung eine 
gewöhnliche, im allgemeinen von jedermann befolgte ist. Diese 
Unterscheidung ist bereits oben bei Erörterung der Vorschriften 
über Mässigung der Geschwindigkeit bei Nebel verwerthet worden. 
Dort ist auch schon darauf hingewiesen, dass die zweite Alter- 
  
4) Ueber Einzelheiten vgl. Entscheid. d. Ober-Seeamts VII, N. 15 
und 197. 
Archiv für öffentliches Recht. VII. 2. 20
	        
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