— 28 —
native des Art. 24 nur vorliegt, wenn es sich um die Berück-
sichtigung ganz aussergewöhnlicher, individueller Verhältnisse
handelt. Als Beispiele hierher gehöriger Versäumniss finden sich
in der Rechtsprechung erwähnt die Wahl eines solchen Anker-
platzes auf einer Rhede, dass die Nähe desselben zu einem oder
mehreren der schon früher vor Anker gelegten Schiffe in Folge
von Wind oder Strömung Kollisionen herbeiführt‘*) oder die
Fortsetzung der Fahrt in einem engen Fahrwasser bei so dichtem
Nebel, dass der Schiffer nicht mehr zu erkennen vermag, ob er
sich an der Steuerbordseite der Woasserstrasse befindet oder
nicht). Auch auf hoher See wird, wie bereits in anderem Zu-
sammenhange hervorgehoben ist, derselbe Gesichtspunkt manchmal
zu einer Erweiterung der Bestimmung des Art. 13 auch da
führen, wo die Voraussetzungen des Art. 18 nicht vorliegen,
z. B. wenn zwei Fahrzeuge in dichtem Nebel sich einander
nähern, ohne sich sehen zu können, und zugleich erkennbar ist,
dass sie in dem Zeitpunkte, wo sie sich gegenseitig sichtbar
werden, einander so nahe gekommen sein müssen, dass bei Fort-
setzung der Fahrt auch mit mässiger Geschwindigkeit ein Zu-
sammenstoss sich nicht mehr vermeiden lässt.
Bietet schon die Beantwortung der Frage, ob ein gewisses
Verhalten nach Art. 24 geboten gewesen wäre, vielfach grosse
Schwierigkeiten, so unterliegt die Anwendbarkeit der in Art. 23
gegebenen Erlaubniss, unter Umständen von den in der Ver-
ordnung aufgestellten Grundsätzen abzuweichen, erst recht erheb-
lichen Bedenken. Es wird hier ausgesprochen, dass bei Befolgung
und Auslegung der Vorschriften des Gesetzes stets gehörige
Rücksicht auf alle Gefahren der Schifffahrt und auf solche be-
sondere Umstände genommen werden müsse, welche zur Ab-
wendung unmittelbarer Gefahr ein Abweichen von jenen Vor-
schriften nothwendig machen. Auf die ausnahmslose Durchführung
#4) Eintscheid. d. Reichs-Oberlandesgerichts 3, N. 6.
#5) Eintscheid. d. Ober-Seeamts IV, N. 77.