Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Dampfschiffe handelt, als eingetreten sein würden, wenn gestoppt 
und die Maschine auf rückwärts gestellt wäre. Es ist erklärlich, 
dass diese verschiedenen Erwägungen die Seeämter zu wider- 
sprechenden Entscheidungen geführt haben“). Bei Lösung dieser 
Zweifel wird man sich gegenwärtig halten müssen, dass es sich 
hier nicht um die Uebertretung strafrechtlicher Normen handelt 
und um einen Ausschluss der Strafbarkeit für dieselbe, sondern 
um eine Anweisung an den Schifisführer, so zu handeln, dass 
auch unter den vorliegenden Verhältnissen der Zweck des Ge- 
setzes nach Möglichkeit erreicht wird. Es ist daher m. E. eine 
Abweichung von Art. 18 nicht statthaft, wenn nur geringe Wahr- 
scheinlichkeit vorhanden ist, dass durch sie der Zusammenstoss 
vermieden werden wird, weil es den Absichten des Gesetzgebers 
nicht entsprechen würde, um der entfernten Möglichkeit eines 
günstigen Erfolges willen die unmittelbar drohende Gefahr zu 
vergrössern. Aber umgekehrt kann auch nicht verlangt werden, 
dass man eine Schädigung der eigenen und fremden Interessen 
ruhig über sich ergehen lasse und nur bemüht sei, diese nach 
Kräften abzuschwächen, während nach vernünftigem Ermessen 
noch die Aussicht gegeben ist, den Unfall vollständig abzuwenden, 
sollte auch bei einem Misslingen des Versuches der eintretende 
Schaden ein grösserer werden. Ein sicheres Urtheil darüber, 
welches Verhalten im endlichen Erfolge das minder gefährliche 
ist, lässt sich unter solchen Verhältnissen überhaupt nicht ge- 
winnen, und desshalb muss man jede Massregel als berechtigt 
anerkennen, welche unter gewissenhafter Abwägung der beiden 
in Betracht kommenden Möglichkeiten die grössere Wahrschein- 
lichkeit eines günstigen Erfolges für sich hat. 
#) Der Versuch, vor dem Bug des anderen Schiffes vorüberzukommen, 
wird für statthaft erklärt I, 191, VI, 55, VI, 91, VIII, 90, vgl. auch VIII, 20 
und 22; dagegen sind III, 94, 1V, 109, IX, 62 und das Ober-Seeamt in VIII, 90.
	        
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