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erlittener Strafhaft oblag. Mit Rücksicht auf die actuelle Be-
deutung dieser Gesetzgebungsmaterie dürfte wohl manchem Leser
des Archivs eine nähere Beleuchtung des österreichischen Gesetz-
entwurfs nicht unwillkommen sein, zumal derselbe voraussichtlich
binnen Kurzem zum Gesetz erhoben sein wird.
Nach dem Stande der seitherigen Gesetzgebung in Oester-
reich (Cisl.) findet sich daselbst eine Rechtspflicht des Staates
zur Schadloshaltung des durch rechtswidrige Ausübung der
Staatsgewalt geschädigten Dritten gesetzlich anerkannt in folgen-
den Fällen:
1. Nach 8 10 des Gesetzes über das Strafverfahren in Press-
sachen vom 17. December 1862 (No.7 d. R.-G.-Bl. von 1863)
haftet die Staatskasse dem Geschädigten im Falle der Er-
löschung oder Aufhebung einer von der Sicherheitsbehörde
oder auf Veranlassung des Staatsanwalts vorgenommenen
Beschlagnahme von Druckschriften.
2. Nach 88 des Staatsgrundgesetzes vom 21. December 1867 über
die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (R.-G.-Bl. No. 142)
verpflichtet jede gesetzwidrig verfügte oder verlängerte Ge-
fangenschaft den Staat zum Schadensersatz an den Ver-
letzten.
3. Nach $ 1 des Gesetzes vom 12. Juli 1872 über das Klage-
recht der Parteien wegen der von richterlichen Beamten in
Ausübung ihrer amtlichen Wirksamkeit zugefügten Rechts-
verletzungen (R.-G.-Bl. S. 349) haftet der Staat überall da,
wo ein richterlicher Beamter in der Ausübung seiner amt-
lichen Wirksamkeit durch Uebertretung seiner Amtspflicht
einer Partei eine Rechtsverletzung und dadurch einen
Schaden zugefügt hat, gegen welchen die in dem gericht-
lichen Verfahren vorgezeichneten Rechtsmittel eine Abhülfe
nicht gewähren. Neben dem Staat und in Solidarhaft mit
ihm haftet der schuldtragende richterliche Beamte persönlich
dem geschädigten Dritten.