Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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abgeleitet zu werden vermöge. Bei den Unfallversicherungsgesetzen 
sei man noch weiter gegangen. Hier habe man das Culpaprineip 
völlig aufgegeben und sei an dessen Stelle das Assecuranzprincip 
gesetzt worden, sodass auch Zufall oder höhere Gewalt den Ver- 
sicherungsanspruch des Beschädigten in die Wirklichkeit treten 
lasse. Derjenige aber, auf dessen Schultern die Hauptlast, dort 
der Schadensersatz, hier die Versicherungspflicht, ruhe, sei immer 
der Unternehmer, mit dessen Thätigkeit Gefahren für Dritte in 
unabwendbarem und untrennbarem Zusammenhang stehend ge- 
dacht werden müssten. Von verwandten Gesichtspunkten aus 
sei die Frage zu beurtheilen, ob der Staat für unverschuldete Irr- 
thümer seiner Justizorgane aufzukommen habe, wenn durch die 
Aussprüche derselben Leben, Freiheit, Gesundheit, Ehre, Ver- 
mögen und Erwerb seiner Angehörigen widerrechtlich geschädigt 
worden sei. Man könne wohl den Staat in dem öffentlichen Be- 
wusstsein nicht tiefer erniedrigen, als wenn man behaupte, die in 
solchen Fällen durch ihn, bezw. durch seine amtlichen Organe, 
herbeigeführten Schäden seien als durch höhere Gewalt herbei- 
geführt anzusehen. Würde ja doch seine Action bei solcher Auf- 
fassung auf einer Stufe mit derjenigen elementarer Naturgewalten 
stehen, z. B. mit einer Ueberschwemmung, einer Feuersbrunst, 
einer Epidemie. Es sei ein ethisches Postulat des modernen 
öffentlichen Bewusstseins, dass der Staat, die Quelle des Rechts, 
selbst nur Recht und nie Unrecht übe, und dass er dort, wo er 
unvermeidlicher Weise Unrecht geübt habe, den Schaden nach 
Kräften zu ersetzen bemüht sei. Auch hier auf dem Gebiete 
des öffentlichen Rechts stehe übrigens nichts im Wege, jenes 
Assecuranzprincip zur Geltung gelangen zu lassen. Denn die 
Steuerleistung des Einzelnen, welche ja ihrer Wesenheit nach 
als die Gegenleistung für die Beschaffung des Rechtsschutzes 
und aller Bedingungen des socialen Lebens anzusehen sei, solle 
denn doch wohl auch eine Assecuranzprämie dafür in sich schliessen, 
dass demselben für vom Staate zugefügtes Unrecht Vergütung ge-
	        
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