Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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publieirt, dass sie an die Stelle der Verträge zwischen dem nord- 
deutschen Bunde und den süddeutschen Staaten trete. In dieser 
Form ist die jetzt geltende Reichsverfassung lediglich im Reichs- 
gesetzblatte publicirt worden und hat durch diese Publication 
Verbindlichkeit erlangt. 
Aus diesen zweifellosen historischen Vorgängen werden nun 
entgegengesetzte Folgerungen über die Natur der Reichsverfassung 
und damit über den staatlichen Character des Reiches entwickelt. 
WESTERKAMP?), v. MARTITZ®) und G. MEYER) sehen nicht nur 
in den vorbereitenden Verträgen, sondern auch in der Verfassung 
selbst, wie schon deren Eingang ergebe, einen völkerrechtlichen 
Vertrag, da die Verfassung nur unter Zustimmung sämmtlicher 
Regierungen in Kraft getreten sei. Trotz dieser Entstehung soll 
sie nach G. MEYER ihrer Geltung nach nicht Vertragsrecht, sondern 
(Gesetzesrecht sein. 
SEYDEL?) stellt dagegen folgende Ansicht auf. Die souveränen 
deutschen Staaten haben sich durch völkerrechtliche Verträge 
(Augustbündniss und Versailler Verträge) unter einander verbunden. 
Der Inhalt dieser Verträge hat demnächst die Genehmigung der 
einzelstaatlichen Volksvertretungen gefunden, und ist in derselben 
Form wie die Landesgesetze in jedem einzelnen Bundesstaate 
publicirt worden. Folglich ist die Bundes- und Reichsverfassung 
übereinstimmendes Landesgesetz der verbündeten Staaten. Das- 
selbe muss von jedem Bundes- und Reichsgesetze gelten, da es 
2) Ueber die Reichsverfassung, Hannover 1873, S 21. 
°) Betrachtungen über die Verfassung des norddeutschen Bundes, 
Leipzig 1868, S. 6, 136. 
*) Deutsches Staatsrecht (3. A.) S. 153 und in Hırru’s Annalen, 1876, 
S. 658 ff. 
5) Der Bundesstaatsbegriff in der Zeitschrift für die gesammte Staats- 
wissenschaft 1872, S. 185ff.; Commentar zur Verfassungsurkunde für das 
deutsche Reich, Würzburg 1873, S. 5 ff.; Die neuesten Gestaltungen des 
Bundesstaatsbegriffs in Hırra's Annalen 1876, S. 641 fi. und Bayerisches 
Staatsrecht, Bd. 1, S. 508 fi. Vgl. dagegen die Bemerkungen von JELLINEK 
im Archiv für öffentliches Recht Bd. 2, S. 337.
	        
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