Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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verfassung für die Bundesstaaten nicht objectives Recht, sondern 
Vertragsrecht ist, so bietet sich ein einfaches Mittel, um den In- 
halt eines völkerrechtlichen Vertrages für die Unterthanen der 
contrahirenden Staaten verbindlich zu machen. Dieses Mittel ist 
der Erlass von Gesetzen seitens der betheiligten Staaten, welche 
inhaltlich mit dem Vertrage übereinstimmen und nunmehr erst 
die Verpflichtung für die Staatsangehörigen begründen. Nicht 
der Vertrag zwischen Deutschland, den Niederlanden und der 
Schweiz betreffend die Regelung der Lachstischerei im Stromgebiete 
des Rheins verpflichtet die deutschen, niederländischen und 
schweizer Laachsfischer, sich nach den Bestimmungen des Ver- 
trages zu richten, sondern erst das von ihren Staaten in Er- 
füllung des Vertrages gegebene Gesetz. Nicht ein Handels- 
vertrag bestimmt die Zollsätze und Einfuhrverbote, sondern ein 
(sesetz, das allerdings durch den Handelsvertrag veranlasst sein 
kann. So wäre es auch denkbar, dass die deutschen Staaten 
nach Abschluss der Reichsverfassung als eines völkerrechtlichen 
Vertrages mit derselben inhaltlich übereinstimmende Landesgesetze 
erlassen hätten, um die Bestimmungen der Verfassung für die 
Unterthanen verbindlich zu machen. Die laxe deutsche Praxis 
redigirt in «diesen Fällen nicht gleich der englischen '!?) besondere 
Gesetze, sondern begnügt sich damit, (den Vertragstext selbst, 
nachdem er die Zustimmung der gesetzgebenden Factoren erlangt 
hat, als Gesetz zu verkünden”). In der That ist nun die Ver- 
  
12) Vgl. darüber den Commissionsbericht Gneist’s für das preussische 
Abgeordnetenhaus, 2. Session 1868, abgedruckt bei E. Meier, Ueber den 
Abschluss von Staatsverträgen, Leipzig 1874, S. 340 ft. 
18) Das Reichsgericht hat durch sein Urtheil vom 13. Juni 1882 — Entsch. 
in Civilsachen, Bd. 8, S. 3 — wenigstens die ministerielle Gegenzeichnung 
für die Publication erzwungen, indem es der ohne Gegenzeichnung des 
Reichskanzlers verkündeten Vereinbarung vom 16. Juni 1874 den Charakter 
einer reichsrechtlichen Norm absprach. Dagegen ist die Publication der 
Bundes- und Reichsverfassung in den Landesgesetzszammlungen durch förm- 
liche Publicationspatente erfolgt, so dass an dem gesetzlichen Charakter der 
Verfassung kein Zweifel mehr möglich ist. 
Archiv für öffentliches Recht. VII. 3. 93
	        
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