Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

— 347° — 
persönlichkeit ist. Es wäre in der That verwunderlich, wenn der 
Gesetzgeber das Reich nicht als Rechtssubject, als Träger eigener 
Herrschaftsrechte aufgefasst hätte, gleichwohl aber regelmässig 
von den Herrschaftsrechten des Reiches spräche. Ein ent- 
scheidendes (rewicht kann allerdings dem blossen Sprachgebrauche 
nicht beigelegt werden, um so weniger, als derselbe einige Male 
schwankt. Er kann nur zur Unterstützung einer anderweitig zu 
beweisenden Behauptung dienen. 
2. Weiterhin kommt in Betracht, dass die Reichsverfassung 
nach Art. 78 ohne Zustimmung sämmtlicher Bundesstaaten im 
Wege der Verfassungsgesetzgebung des Reiches abgeändert werden 
kann. Eine solche Verfassungsänderung vermag insbesondere, 
soweit nicht Hoheitsrechte des preussischen Staates oder Reservat- 
rechte anderer Staaten in Frage kommen, dem Einzelstaate bis- 
her zustehende Hoheitsrechte oder nach staatenrechtlicher Auf- 
fassung wenigstens deren Ausübung ohne und gegen seinen 
Willen zu entziehen. 
Zu erklären wäre ein solcher Zustand zwar auch, wenn man 
das Reich nicht als staatliches Rechtssubject, sondern als ver- 
tragsmässiges Rechtsverhältniss der deutschen Staaten betrachtet. 
Dieselben hätten dann einfach in dem Grundvertrage der Societät, 
der Reichsverfassung, Abänderungen desselben, namentlich Aus- 
dehnungen der Societätswirthschaft auf bisher der Ausübung durch 
den Einzelstaat vorbehaltene Hoheitsrechte, unabhängig von der 
Zustimmung jedes einzelnen, durch Beschluss der eingesetzten 
Organe der Gesammtheit gestattet. 
Allein von der blossen Uebertragung der Ausübung eines 
Rechtes unter Zurückbehaltung seiner Substanz kann füglich doch 
nur die Rede sein, wenn der angebliche Inhaber das Recht auch 
selbst wenigstens in der einen oder der anderen Richtung zu be- 
thätigen in der Lage ist. Denn ein Recht, welches nicht mehr 
bethätigt werden kann, hat aufgehört ein solches zu sein. In 
welcher Weise üben nun die Einzelstaaten die staatlichen Hoheits-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.