Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Zieitpunkte. Die meisten Landesgesetze bemerken dies ausdrück- 
lich, und auch der eben erwähnte Eingang der Bundesverfassung 
spricht von dem Abschlusse des Bundes als von etwas Gegen- 
wärtigem, von seiner Existenz dagegen als von etwas Zukünftigem. 
Der Umstand, dass durch den Eintritt der norddeutschen 
Staates in die bundesstaatliche Verbindung gleichzeitig ein neues 
staatliches Rechtssubject geschaffen wurde, kam weder für die 
Landesgesetzgebung noch für den Vertrag der betheiligten Staaten 
in Betracht. Denn einen neuen, alle Einzelheiten umfassenden 
Bundesstaat zu begründen, lag ausserhalb der rechtlichen Macht- 
sphäre jedes Einzelstaates, und ebenso wenig konnte durch ein 
vertragsmässiges Rechtsverhältniss unter mehreren Staaten ein 
Rechtssubject entstehen. In der That ist denn auch die bundes- 
staatliche Verfassung in gleicher Weise bei der Neuschöpfung 
des norddeutschen Bundes für die norddeutschen Staaten wie 
bei dessen Erweiterung zum deutschen Reiche für die süddeutschen 
Staaten zunächst durch völkerrechtlichen Vertrag festgestellt und 
dann als Landesverfassungsgesetz publicirt worden, obgleich es 
sich in dem letzteren Falle gar nicht um die Schaffung eines 
neuen staatlichen Rechtssubjectes handeln konnte. 
Allerdings hatten alle bei der Begründung des norddeutschen 
Bundes mitwirkenden Factoren das Bestreben, zielten alle ihre 
Handlungen darauf hin, die neue Staatsgewalt nicht zu einer 
usurpirten oder revolutionären zu machen !?), sondern ihre Kraft 
aus dem bisherigen Rechte abzuleiten. Bei diesem Bestreben 
konnte es sich aber nicht darum handeln, den Bundesstaat selbst 
als ein Rechtsproduct zu gestalten, sondern nur darum, die Legi- 
timität der theilweisen Staatssuccession seitens des Bundesstaates 
12) Eine solche wäre beispielsweise die im Jahre 1848 provisorisch con- 
stituirte Reichsgewalt gewesen, wenn es ihr gelungen wäre, auf Grund der 
Reichsverfassung vom 28. März 1849 in den deutschen Bundesstaaten auch 
gegen deren Willen die dem Reiche beigelegten Hoheitsrechte dauernd in 
Besitz zu nehmen und damit unter dem Bruche der bisherigen particularen 
Rechtsordnung eine neue bundesstaatliche zu begründen.
	        
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