Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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vom Standpunkte des particularen Staatsrechtes rechtlich quali- 
ficiren, heisst das Bundesrecht als solches und damit die selb- 
ständige staatsrechtliche Persönlichkeit des Bundesstaates leugnen. 
Die Entstehung des Bundesstaates ist vielmehr eine rein histo- 
rische Thatsache, welche sich jeder juristischen Erklärung und 
Rechtfertigung entzieht. 
Weil er Staat war, konnte nun aber der norddeutsche Bund 
keinen Augenblick existiren ohne Verfassung?'), Durch den 
Verfassungsvertrag und durch die inhaltlich mit ihm übereinstim- 
menden Landesverfassungsgesetze hatten die norddeutschen Staaten 
erklärt, wie der Bundesstaat verfassungsmässig gestaltet sein müsse, 
dessen Einwirkung auf ihr Staatsgebiet sie vom Standpunkte ihres 
Landesrechtes als legitim anzuerkennen beabsichtigten. Wollte 
der Bundesstaat die Legitimität der Staatssuccession vom Stand- 
punkte des Landesrechtes gleichfalls wahren und damit einen all- 
gemein anerkannten Rechtsboden gewinnen, so blieb ihm nichts 
anderes übrig, als auch seinerseits die in den Landesverfassungs- 
gesetzen bezeichnete Bundesverfassung anzunehmen und mit dieser 
Verfassung zur Existenz zu gelangen. 
Wie nun kein Staat seine Verfassung als das Recht eines 
anderen Staates empfangen kann, so war auch die Verfassung des 
norddeutschen Bundes, weil derselbe ein Staat war, von der Ent- 
  
nicht giebt, sondern nur ein concretes Recht innerhalb einer bestimmten 
staatlichen Gemeinschaft, beruht der Versuch von LaranxD a. a. O. S. 33, 
aus Rechtshandlungen der Einzelstaaten auf Grund ihres Particularrechtes 
die rechtliche Entstehung des Bundesstaates abzuleiten. Vom Standpunkte 
des Bundesstaates ist das vor seiner Entstehung geltende Recht ein vor- 
staatliches, d. h. für ihn nicht existirendes. Erst den Schutz des inner- 
halb des Bundesgebietes, d. h. von der Begründung des Bundesstaates 
an geltenden Rechtes macht er sich zu seiner Aufgabe. 
2!) Begrifflich nicht zutreffend wie den historischen Thatsachen wider- 
sprechend erscheint daher die Ansicht Zorn’s, Staatsrecht des deutschen 
Reiches, Bd. 1, S. 23 ff., die neue Bundesgewalt sei zunächst bloss factisch 
ins Leben getreten und habe sich dann erst durch die Bundesverfassung 
constitutionell beschränkt.
	        
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