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wurde also mit dem vertragsmässigen Eingange publicirt. Der
Bundesstaat musste sich aber, um die Legalıtät der Staatssucces-
sion zu währen, die Bundesverfassung aneignen, wie sie in den
Landesgesetzen publicirt war. So blieb auch in dem Bundes-
gesetze der Eingang stehen. Dass der Eingang nicht zu dem
Verfassungsgesetze gehörte, ging schon äusserlich daraus hervor,
dass unter der Ueberschrift: „Verfassung des norddeutschen
Bundes“ zunächst der Eingang stand, und dieser seinerseits mit
den Worten schloss, der Bund werde nachstehende Verfassung
haben. Die Eingangsformel war nach der Entstehung des Bundes-
staates eben nichts weiter, als ein historisches Ueberbleibsel aus
den früheren Stadien der Bundesstaatsgründung ohne staatsrecht-
liche Bedeutung.
Hätte der Eingang noch einen juristischen Sinn gehabt, so
konnte darin nur die Erklärung liegen, dass der Bund auf der
Willensübereinstimmung der Einzelstaaten beruhe. Eine solche
Erklärung stand aber, nachdem der Bundesstaat zur Existenz
gelangt war, mit dessen staatlicher Natur im Widerspruche. Ueber-
dies hätte bei der vertragsmässigen Umgrenzung der Mitgliedschaft
die Aufnahme neuer Mitglieder nur mit Zustimmung sämmtlicher
bisherigen Bundesstaaten erfolgen können ??2). Art. 79 der Bundes-
verfassung bestimmte aber bezüglich der süddeutschen Staaten
ausdrücklich das Gegentheil, und dementsprechend ist dann auch
später bei ihrer Aufnahme verfahren worden.
In vollständig analoger Weise, wie die Begründung des
Bundesstaates und der Eintritt der norddeutschen Staaten in den-
selben vollzog sich derjenige der süddeutschen Staaten.
Die Grundlage bildet auch hier der völkerrechtliche Vertrag.
Contrahenten desselben waren aber nicht alle Einzelstaaten, welche
künftig den Bundesstaat ausmachen sollten, sondern der bereits
constituirte Bundesstaat auf der einen und die einzelnen süd-
22) Vgl. HänrL a. a. O. S. 96.